Projekt Stolpersteine

Seit 1992 lebt das Projekt „Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demnig. In 1.265 Kommunen Deutschlands und in 24 Staaten Europas sind Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir eingelassen, die an das Schicksal von Menschen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die Messingtafeln, in Handarbeit hergestellt, getragen von einem angegossenen Betonwürfel, werden vor dem letzten selbstgewählten Wohnort verlegt. In Deutschland sind über 75.000 Stolpersteine verlegt, die an die jeweiligen Schicksale der Menschen erinnern. Sie gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt.

In der Stadt Meerane wurden im Rahmen des Projektes von Gunter Demnig seit 2009 folgende Stolpersteine zum Gedenken verlegt:


Josef Wertheim

Inschrift Stolperstein
Crotenlaider Straße 57, verlegt am 27.01.2009

Hier wohnte
Josef Wertheim
Jg. 1859
verhaftet Nov. 1938
Buchenwald
deportiert
Theresienstadt
tot 5.2.1942

Die Familie Josef Wertheim war eine angesehene Meeraner Unternehmerfamilie. Josef Wertheim übernahm 1890 die „Firma Dr. H. Hofmann“, die spätere „Chemische Fabrik Meerane m.b.H.“.
In Folge des November-Pogroms 1938 verlor Josef Wertheim sein Unternehmen (sogenannte „Arisierung“). Josef Wertheim wurde am 25.08.1942 von Berlin aus in das Konzentrationslager/Ghetto Theresienstadt deportiert (Transport I/51, Nr. 5307) und am 05.09.1942 ermordet (Quelle: Opferdatenbank Theresienstadt).
Die Todesangabe auf dem Stolperstein ist korrekturbedürftig. Sein Todestag ist der 5.9.1942 und nicht wie ursprünglich angenommen der 5.2.1942.


Willy Wertheim

Inschrift Stolperstein
Crotenlaider Straße 57, verlegt am 27.01.2009

Hier wohnte
Willy Wertheim
Jg. 1893
denunziert
verhaftet Sept. 1935
KZ Sachsenburg
misshandelt
tot an den Haftfolgen
11.9.1935

Willy Wertheim, geboren am 15.07.1893 in Meerane, ein Sohn des Unternehmers Josef Wertheim, wurde als Soldat im 1. Weltkrieg mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Er war überzeugt, dass ihn diese Auszeichnung vor den Nationalsozialisten schützen würde.
Willy Wertheim war mit der Meeranerin Charlotte Gertrud Ahnert verlobt. Er wurde wegen angeblicher „Rassenschande“ denunziert, im September 1935 in das Konzentrationslager Sachsenburg verschleppt und schwer misshandelt. Er starb Tage später am 11.09.1935 im Chemnitzer Stadtkrankenhaus an den Folgen der Misshandlungen.


Frida Blumenthal

Inschrift Stolperstein
August-Bebel-Straße 51, verlegt am 12.04.2011

Hier wohnte
Frida Blumenthal
geb. Hamburger
Jg. 1884
verhaftet 1.4.1933
entlassen
Flucht in den Tod
3.4.1933

Frida Blumenthal geb. Hamburger führte ab 1918 das Bekleidungsgeschäft „M. Hamburger“ ihres Vaters Marcus Hamburger in der Augustusstraße 51 (heute August-Bebel-Straße). Sie wurde im Rahmen des für den 1. April 1933 von den Nationalsozialisten organisierten „Boykotts“ gegen die jüdischen Gewerbetreibenden verhaftet. Obwohl die damals 48-jährige Geschäftsfrau wieder entlassen wurde, „glaubte sie, nicht länger leben zu können“, so die Aussage ihres Neffen Alfred Born. Frida Blumenthal schied in der Nacht zum 3. April 1933 freiwillig aus dem Leben. Sie war eines der ersten Opfer des NS-Terrors in Meerane.


Alfred Born

Inschrift Stolperstein
August-Bebel-Straße 63, verlegt am 12.04.2011

Hier wohnte
Alfred Born
Jh. 1886
Opfer des Pogroms
verhaftet 1938
Buchenwald
ausgewiesen 1939
überlebt

Alfred Born, Neffe von Frida Blumenthal, übernahm nach ihrem Tod 1933 das Bekleidungsgeschäft „M. Hamburger“ und verlegte es später in die Augustusstraße 63 (heute August-Bebel-Straße).
In der Pogromnacht wurde er von SA-Angehörigen geschlagen und verhaftet, Laden und Wohnung wurden verwüstet. Alfred Born kam am 10.11.1938 in das KZ Buchenwald. Am 7.12.1938 wurde er mit der Maßgabe entlassen, Deutschland bis Ende 1939 zu verlassen. Sein Geschäft musste er an Martin Thümmler aus Glauchau verkaufen (sogenannte „Arisierung“).
Alfred Born überlebte.


Georg Salzmann

Inschrift Stolperstein
August-Bebel-Straße 53, verlegt im Dezember 2013

Schuhwaren Salzmann
Hier wohnte
und arbeitete
Georg Salzmann
Jg. 1889
‚Schutzhaft’ 1938
Buchenwald
misshandelt/gefoltert
tot an den Folgen
9.12.1938 Adorf

Herr Georg Salzmann führte in der Augustusstraße 53 (heute August-Bebel-Straße) das Schuhgeschäft „Salzmann“. Er wurde am 10. November 1938 (Reichspogromnacht) verhaftet und in das KZ Buchenwald deportiert. Er verstarb am 9. Dezember 1938 an den Folgen der Haft.


Martin Hochmuth

Inschrift Stolperstein
Karlstraße 23, verlegt am 27.01.2021

Hier wohnte
Martin Hochmuth
Jg. 1895
im Widerstand / KPD
Schutzhaft 1933
Lager Osterstein Zwickau
verhaftet
Gross-Rosen
ermordet 12.11.1941

Martin Hochmuth, von Beruf Scherer und Mitglied der KPD, wurde 1927 erstmals Stadtverordneter, 1928 wählte ihn die Stadtverordnetenversammlung zum Stadtrat. In seiner Amtszeit engagierte er sich vorbehaltlos für Menschlichkeit und soziale Belange.
Am 9. März 1933 wurde das Meeraner Rathaus durch die nationalsozialistische Glauchauer SA besetzt. Am nächsten Tag kam es zu umfangreichen Verhaftungen führender Vertreter der SPD und KPD, darunter auch Martin Hochmuth.
Bis zu seiner Deportation in das KZ Groß-Rosen war er im Zwickauer „Schutzhaftlager“ Osterstein inhaftiert sowie in Dresden und Oranienburg.
Martin Hochmuth starb mit 46 Jahren an den Folgen seines Leidensweges am 12.11.1941 in Groß-Rosen.


Martha Lina Erben

Inschrift Stolperstein
Böhmerstraße 24, verlegt am 27.01.2021

Hier wohnte
Martha Lina
Erben
Jg. 1884
eingewiesen
Armenhaus Meerane
‚verlegt‘ 5.5.1941
Pirna-Sonnenstein
ermordet 5.5.1941
‚Aktion T4‘

Vor allem in den Jahren 1940 und 1941 wurden in Deutschland im Rahmen der sogenannten „Aktion T4“ Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen und psychischen Krankheiten systematisch ermordet.
Martha Lina Erben wurde am 03.02.1884 in Meerane geboren. Sie war von Beruf Spinnereiarbeiterin und wohnte in der Böhmerstraße 24. Über das städtische Versorgtenheim Meerane kam sie am 21.03.1941 in die Landesanstalt Zschadraß. Am 05.05.1941 wurde sie nach Pirna-Sonnenstein, eine von den Nationalsozialisten zur Tötungsanstalt von geistig kranken Menschen und von Menschen mit Behinderung umfunktionierte Heil- und Pflegeanstalt, transportiert und am selben Tag in der Gaskammer ermordet.


Zu den Opfern der nationalsozialistischen Lebensvernichtung „Aktion T4“ in Meerane gehören auch Frau Flora Ella Bauch, Frau Anna Marie Funk und Herr Gustav Kurt Marci. Sie wurden ermordet, da sie als Menschen mit Behinderungen als „lebensunwert“ galten.


Flora Ella Bauch

Inschrift Stolperstein
Kantstraße 34, verlegt am 27.01.2021

Hier wohnte
Flora Ella
Bauch
Jg. 1892
eingewiesen
Armenhaus Meerane
‚verlegt‘ 21.5.1941
Pirna-Sonnenstein
ermordet 21.5.1941
‚Aktion T4‘


Anna Marie Funk

Inschrift Stolperstein
Innere Crimmitschauer Straße 12, verlegt am 27.01.2021

Hier wohnte
Anna Marie
Funk
Jg. 1896
eingewiesen
Heilanstalt Untergöltzsch
verlegt 10.9.1940
Pirna-Sonnenstein
ermordet 10.9.1940
‚Aktion T4‘


Gustav Kurt Marci

Inschrift Stolperstein
Philippstraße 52, verlegt am 27.01.2021

Hier wohnte
Gustav Kurt
Marci
Jg. 1886
eingewiesen
Heilanstalt Waldheim
ermordet 24.4.1943