Wladimir Kaminer „Wenn überhaupt diese Welt noch zu retten ist, dann durch die Frauen!“

Lesung in der Stadthalle bot zwei überaus vergnügliche Stunden

Vornweg: Nur eine Lesung war die Veranstaltung mit Wladimir Kaminer am 1. Februar 2018 in der Meeraner Stadthalle auf keinen Fall, vielmehr auch bestes Entertainment, bei dem die über 250 Besucher zwei überaus vergnügliche Stunden erlebten.
Kaminer, 1967 in Moskau geboren und heute einer der beliebtesten und gefragtesten Autoren Deutschlands, bot auf der Bühne des Werner-Bochmann-Saales eine phantastische Ein-Mann-Show. Er erzählte, las und plauderte mit dem Publikum, welches er mit seinen humorvollen, hintergründigen und manchmal skurrilen Geschichten – vorgetragen mit einem unverwechselbaren charmanten Akzent – von der ersten Minute an mühelos für sich gewann.
Ob Gesellschaft oder Politik, Familie, Freunde, Kinder oder die eigene Frau – Fragen gibt es viele. Warum ist das so? Und warum wird das so gemacht, und warum das andere dann wieder so? Wladimir Kaminer stellt sich diesen Fragen, auf oft überraschende und immer höchst amüsante Weise!

Zur Lesung nach Meerane, veranstaltet von der Stadt Meerane, Fachbereich Kultur, hatte Wladimir Kaminer sein neues Buch „Einige Dinge, die ich über meine Frau weiß“, mitgebracht. Er wollte das Wesen der Frau ergründen, erklärte er, es gehe aber gar nicht unbedingt um seine Frau, sie sei nur ein Beispiel, eigentlich ist das Buch ein Loblied auf die Frau an sich, denn „wenn überhaupt diese Welt noch zu retten ist, dann durch die Frauen!“, so verkündete er. Ein Beispiel: „Sie haben magische Fähigkeiten, aus Chaos Ordnung zu schaffen, ohne etwas zu tun, z.B. Sondierungsgespräche!“ Und der ganze Saal lacht!
Und Chaos oder Probleme gibt es immer wieder zu bewältigen. Da sind zum Beispiel die russischen Bräuche, die man mit Familie und Freunden gemeinsam begeht, wie das Silvesterfest. „Das neue Jahr wird mit Sekt begrüßt, aber vorher muss das alte Jahr mit hartem Alkohol verabschiedet werden, damit es auch nicht wiederkommt“, berichtete er. Denn davor haben die Russen Angst. „Und das hat dann zur Folge, dass alle im Vollrausch sind!“

Nach 25 Minuten verkündete Kaminer, er habe jetzt das Konzept für die heutige Lesung, er erzähle heute nur „Geschichten vom Reisen und Saufen“. „Ist das in Ordnung?“, fragte er beim Publikum nach.
Von beiden erfährt das Publikum dann einiges, insbesondere berichtete er über eine Lesereise mit einem Kreuzfahrtschiff, die eine Mischung aus Weltuntergangsstimmung (tagsüber) und Party (bis in die Morgenstunden) gewesen sei, mit Deutschen, die wegen der Trump-Wahl verstimmt waren, und die gleich eine Anschlusskreuzfahrt gebucht hätten („Das Festland ist verloren!“). Er und seine Frau seien bei Tagesausflügen in Griechenland immer auf Russisch angesprochen worden: „Ob wir Interesse an Pelzprodukten hätten?“, und sie wurden schließlich auch gefragt: „Und ihr, was stimmt mit euch nicht? Warum seid ihr auf einer deutschen AIDA?“)

Doch natürlich kam er auch immer wieder zurück zum Thema „Frau“. Seine Frau, erzählte er, könne den Winter nicht leiden, aber noch schlimmer sei der Herbst in Deutschland, denn es regne wochenlang, und seine Frau bekomme eine Herbstdepression. Wie er aber inzwischen herausgefunden habe, helfen nicht Hustenbonbons, sondern neue Kleider, Schuhe und Handtaschen. „Mit drei neuen Handtaschen und zwei Paar Schuhen kommen wir gut durch den Winter!“ Oder die Geschichte von den wunderschönen Servietten, die bei einem Urlaub in Portugal unbedingt erstanden werden mussten, und die so teuer waren, „dass sie eine portugiesische Großfamilie wohlhabend machten.“
Das Kaufargument war die Silvesterparty mit den Freunden, doch dann konnte sich seine Frau nicht überwinden, diese der „langen Nacht vom 31. Dezember bis 3. Januar“ auch wirklich auszusetzen und auf den Tisch zu legen. „Die Servietten sagten hinterher sicher: Danke, dass du uns vor der Zerstörung bewahrt hast!“

Einer Lachsalve folgte der nächste Applaus, und so verging die Zeit, unterbrochen durch eine kurze Pause, in der Kaminer für Autogrammwünsche zur Verfügung stand, wie im Flug. Weitere Themen wie Jacobsweg („Davon hatte ich noch nie gehört. Wir hatten überall einen Leninsweg.“), ehemalige DDR-Bürger („Manche kommen mit ihrem alten Ausweis der Deutsch-Sowjetischen-Freundschaft in meine Lesung.“), einen Schrebergarten, den er nicht behalten durfte („Wir hatten zu große Probleme mit spontaner Vegetation.“) oder die Erlebnisse in dem kleinen Dorf in Brandenburg, wo er und seine Frau ein Haus haben, russische Geschichte, Flüchtlingspolitik oder das Luther-Jahr wurden humorvoll oder auch mit einigen nachdenklichen Tönen bedacht. Am Ende gab es Lob für das Meeraner Publikum: „Ich möchte mich jetzt schon bedanken, ich fühle mich sehr verstanden bei Ihnen“, sagte Kaminer und verkündete: „Ich muss öfter nach Meerane kommen, mit meinen neuen Büchern, dann machen wir weiter!“

Bereits vor der Lesung und in der Pause stand Wladimir Kaminer für die vielen Autogrammwünsche seiner Fans zur Verfügung.