Vom Auf und Ab der Meeraner Geldhäuser

Der Anlass:
Die Filiale Meerane der Commerzbank AG in der Poststraße 23 ist geschlossen. Im vergangenen Jahr kündigte die Commerzbank AG an, dass sie bundesweit 340 Standorte aufgibt. Darunter auch Meerane mit mehreren Tausend Kunden. Nach eigenen Angaben stellt sich die Commerzbank AG mit ihrer „Strategie 2024 für ihre Kunden neu auf. Ziel ist es, die Vorteile einer voll digitalisierten Bank“ auszubauen.

„Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ (Heraklit von Ephesus, 535-475 v. Chr.):

Vor dem Hintergrund des Megatrends der Digitalisierung ist dieses Zitat auch heute noch genauso aktuell wie vor circa 2500 Jahren. Die sehr bedauerliche Schließung der Commerzbank AG in der Poststraße 23 ist ein weiteres Ereignis im Auf und Ab der Geldhäuser in Meerane und verdeutlicht den beständigen Wandel. Die Schließung ist Anlass, diesen Wandel historisch zu skizzieren.

Der Ausgangspunkt: Mit der wirtschaftlichen Entwicklung, vor allem mit dem Anstieg des Handels in Meerane im 19. Jahrhundert wuchs der Geldverkehr und mit bzw. durch ihn ein ausgedehntes Sparkassen- und Bankwesen. Bekanntlich zeichnet sich das deutsche Bankwesen durch die drei Säulen der privaten Geschäftsbanken, der Genossenschaftsbanken und der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute, zu denen die Sparkassen gehören, aus.

Die Sparkasse: Das Vorhaben einer Städtischen Sparkasse Meerane startete im Jahre 1847. Am 24.11.1851 wurde die städtische Sparkassenordnung vom 04.04.1849 genehmigt, so dass am 02.06.1852 die städtische Sparkasse Meerane eröffnet werden konnte.
1919 kam es zu einer Trennung der Girokasse als „Stadtgirokasse“ von der Sparkasse. 1924 wurde die Girokasse eine Zweiganstalt der Girozentrale Sachsen und ging eine Arbeitsgemeinschaft mit der Meeraner Bank AG ein, die durch Meeraner Unternehmen gegründet wurde (Sitz in der Web- und Handelsschule am Georgenplatz 4 und ab 1938 in der Bismarckstraße 20). Der Giroverband Sächsischer Gemeinden Dresden (Girozentrale Sachsen) verfügte bereits 1928 über ein Überweisungsnetz mit rund 12.500 deutschen Zahlstellen.
Die Sparkasse hatte ihren Sitz im Stadthaus IV in der Marienstraße.

Die Genossenschaftsbank: Im Jahre 1860 gründete sich der Spar- und Vorschussverein Meerane, der sich 1924 zur Gewerbebank Meerane e.G.m.b.H. (Sitz: Poststraße 40, Poststraße 28) wandelte.

Die Banken entwickelten sich vielfältig.

– 1867 gründete sich eine Filiale der Sächsischen Bank zu Dresden (Sitz: Poststraße 28).
– 1875 gründete sich eine Agentur der Preußischen Bank; die 1876 zur Reichsbanknebenstelle Meerane umfirmierte. Sie hatte ab 1894 ihren Sitz in der Leipziger Straße 19 (Gesamtumsatz im Jahr 1927 mit 371.400.000 Reichsmark).
– 1892 kam es zur Bankfirma Franz H. Moeschlers Söhne, die sich 1909 mit der Filiale der Allgemeinen Deutschen Creditanstalt Leipzig zusammenschloss. Sie hatte ihren Sitz in der Schützenstraße 1/3 Ecke Leipziger Straße 20 (heute Rosa-Luxemburg-Straße).
– 1921 eröffnete eine Filiale des Chemnitzer Bankvereins, dessen Rechtsnachfolger im Jahr 1923 die Commerz- und Privat-Bank AG, Filiale Meerane in der Augustusstraße 31 (heute August-Bebel-Straße) wurde.
– Die Privatbank Bäßler & Thomä hatte ihren Sitz in der Annenstraße 1.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden durch die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) alle Banken geschlossen und die bis zum 8. Mai 1945 bestehenden Konten gesperrt. Die Städtische Sparkasse Meerane wurde aufgelöst und später in die Kreissparkasse Glauchau eingegliedert (Sitz: Ernst-Thälmann-Straße 20, heute Marienstraße). Private Banken gab es in der späteren DDR nicht mehr, das Bankwesen setzte sich ausschließlich aus staatseigenen Banken zusammen. Diese bestanden aus vier Arten: Staatsbank der DDR, Industrie- und Handelsbank, Deutsche Außenhandelsbank und Sparkassen.

Deutsche Einheit: Noch vor der Deutschen Einheit gründeten am 19. März 1990 die Staatsbank der DDR und die Deutsche Bank das Tochterunternehmen Deutsche Kreditbank, die erste private Bank der DDR. In Meerane unterhielt die Deutsche Bank in der August-Bebel-Straße 31 nach der Wende eine Filiale.

Mit der Schmidtbank aus Hof kam 1989/1990 eine neue Bank nach Meerane, die insgesamt in Sachsen und Thüringen rund 125 Filialen eröffnete. Neben dem traditionellen Kundengeschäft machte die Schmidtbank nicht nur reine Bankgeschäfte, die vor allem auch die Betreuung kleiner und mittlerer Unternehmen umfasste. Sie engagierte sich auch im Sponsoring von Sportveranstaltungen und förderte die Kultur. In Meerane errichtete sie in der Poststraße 23 ein neues Geldhaus.
Die Schmidtbank bekam ab Ende der 1990er Jahre erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten und wurde 2001 von einer Auffanggesellschaft übernommen. Dieser Auffanggesellschaft gehörte u. a. die Commerzbank an. Im Jahr 2004 wurden einzelne Filialen und der Name Schmidtbank von der Commerzbank übernommen und als Commerzbank-Geschäftsstellen weitergeführt. So auch in Meerane. Mit der Schließung der Filiale endete im Mai 2022 diese Epoche.

Geblieben ist über die Zeit die ursprünglich als Selbsthilfeverein (1860er Spar- und Vorschussverein Meerane) entstandene Genossenschaftsbank, heute Volksbank-Raiffeisenbank Glauchau eG, mit ihrer Filiale in der Poststraße 28.

Geblieben ist über die Zeit auch die Sparkasse (heute als Sparkasse Chemnitz), die jedoch ihr Filialnetz nach der Wende in der Stadt ausdünnte. Von den ursprünglichen drei Standorten in der Äußeren Crimmitschauer Straße 67, Marienstraße 28 (Marktplatz) und in der Badener Straße 20 ist der letztgenannte geblieben. Mit der Sanierung des historischen Gebäudes entstand dort ein moderner Anbau.

Fazit: Von den sieben Geldhäusern des 19./20. Jahrhunderts sind im Jahr 2022 zwei Geldhäuser beständig geblieben. Diese Entwicklung zeigt den stetigen Wandel, dem die Bankenwelt unterliegt. Heute befinden sich die Geldhäuser mittendrin in der digitalen Transformation. Sie gestalten einerseits den Wandel-Prozess mit (z. B. Online-Banking), werden andererseits auch vom Markt und ihren Kunden gefordert. Das Auf und Ab wird uns sicher erhalten bleiben.

Bürgermeister Professor Dr. Lothar Ungerer, Mai 2022

Werbeanzeigen „Banken und Geldverkehr“ im „Führer durch Meerane und Umgebung“, herausgegeben vom Verkehrs-Verein Meerane 1913.