Tännichtschüler übernehmen Pflege der Stolpersteine in Meerane
Die Schülerinnen und Schüler des Neigungskurses „Politik zum Mitmachen“ der Meeraner Oberschule Tännichtschule werden die Betreuung und Pflege der Stolpersteine in der Stadt Meerane übernehmen. Die Neuntklässler waren am 19. März 2018 gemeinsam mit Lehrerin Antje Ungerer im Neuen Rathaus zur Vertragsunterzeichnung mit der Stadt Meerane.
Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. In zahlreichen Städten in Deutschland erinnern kleine, im Boden verlegte Gedenktafeln an das Schicksal von Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die beschrifteten Messingtafeln werden meist vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS-Opfer in das Pflaster oder den Belag des Gehweges eingelassen.
In Meerane wurden im Jahr 2009 erstmals zwei Stolpersteine verlegt, für Willy und Josef Wertheim. Weitere Stolpersteine erinnern an Alfred Born, Frida Blumenthal und Georg Salzmann.
Bürgermeister Professor Dr. Lothar Ungerer dankte den Schülerinnen und Schülern zur Vertragsunterzeichnung herzlich für ihr Engagement. Bereits vor zwei Jahren hatten Tännichtschüler, die das Konzentrationslager Auschwitz besucht hatten, die Stolpersteine in Meerane gereinigt, nun werden Pflege und Betreuung dauerhaft von Schülern der Schule übernommen.
Professor Dr. Ungerer erinnerte an das Schicksal der jüdischen Meeraner Unternehmerfamilie Wertheim, die die Chemische Fabrik Meerane betrieb. Josef Wertheim, geboren 1859, wurde in das KZ Theresienstadt deportiert, wo er 1942 verstarb. Sein Sohn Willy Wertheim, geboren 1893, verstarb 1935 nach schweren Misshandlungen während einer sogenannten Schutzhaft im KZ Sachsenburg im Stadtkrankenhaus Chemnitz. Willy Wertheim war insbesondere wegen seiner Verlobung mit Charlotte Gertrud Ahnert ein Ziel der antijüdischen SA-Hetze, die ihn der „Rassenschande“ bezichtigte. Aufgrund Denunziation wurde Willy Wertheim im September 1935 in das Konzentrationslager Sachsenburg verschleppt. An den Folgen der schweren Misshandlungen verstarb er wenige Tage später am 11.09.1935.
Josef Wertheims Söhne Felix Oskar Wertheim und Walter Friedrich Wertheim wurden in der Pogromnacht 1938 verhaftet und in das KZ Buchenwald verschleppt. Sie wurden unter der Bedingung entlassen, mit ihren Familien unverzüglich auszuwandern. Ihnen gelang die Emigration nach Argentinien. Viele weitere Mitglieder der Familie Wertheim kamen im KZ Auschwitz-Birkenau ums Leben.
Der Bürgermeister informierte zudem über ein weiteres Projekt, in dem das Schicksal von Meeraner Bürgerinnen und Bürgern mit Behinderung aufgearbeitet werden soll, die in der Zeit des Nationalsozialismus mit der Begründung von „lebensunwertem Leben“ ermordet wurden. Auch hier möchte die Stadt Meerane Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer entwickeln.
Schülerinnen und Schüler der Meeraner Tännichtschule werden sich künftig um die Stolpersteine in unserer Stadt kümmern. Bürgermeister Professor Dr. Ungerer empfing die Gruppe gemeinsam mit ihrer Lehrerin Antje Ungerer am 19. März 2018 zur Vertragsunterzeichnung im Neuen Rathaus.