Nachruf für Roland Dressel, Kameramann der DEFA
Von Professor Dr. Wolfgang Zscherpel
Ehrenvorsitzender Meeraner Kunstverein e.V.
Am 5. Dezember 2021 verstarb Roland Dressel in Potsdam/Babelsberg. Betroffen und mit Trauer nahmen wir als Meeraner Kunstverein und Stadtverwaltung diese Nachricht zur Kenntnis. Der Ehefrau, den Kindern und Enkeln gilt unser Beileid.
Roland Dressel wurde am 26. April 1932 in Meerane geboren, als Sohn eines Bäckermeisters. Die Eltern wohnten zunächst in der Philippstraße, später in der Weberstraße, wo sich auch die Bäckerei befand. Der Vater fiel in den letzten Kriegstagen in Niederoesterreich dem Kriegswahnsinn zum Opfer. Die Mutter musste alleinstehend für die beiden Kinder, Tochter und Sohn, sorgen.
Roland zeigte schon in sehr frühen Jahren großes Interesse für die Fotografie und vor allem für Kinofilme, die er möglichst mehrfach ansah. So blieb er auch in seiner Berufsausbildung bei diesen Medien und lernte Fotograf in Glauchau. Als junger Mann wurde er Anfang der 1950er Jahre Mitglied einer „Kulturgruppe Fotografie“ in Meerane, in der sich Hobbyfotografen vereinten. Hier lernte er den etwas älteren Erich Lorenz kennen und schätzen. Diese freundschaftliche Verbindung sollte über Jahrzehnte immer bestehen und konnte später vom Kunstverein zu ersten Kontakten mit Roland Dressel wirkungsvoll genutzt werden.
Noch vor Beendigung seiner Fotografenlehre bewarb sich Roland Dressel in Babelsberg bei der DEFA und freute sich, als kurz nach Weihnachten 1953 bei ihm die Aufforderung der DEFA eintraf, 1954 nach Babelsberg zur weiteren Ausbildung zu kommen. In einem sechsmonatigen Intensivlehrgang wurde er zusammen mit anderen Jugendlichen zum Kamera-Assistenten ausgebildet. Bei der nachfolgenden praktischen Tätigkeit erweiterte er seine Erfahrungen, lernte von den älteren Kollegen und bildete sich durch ein Fernstudium an der Deutschen Hochschule für Filmkunst fort.
1967 stand er dann erstmalig unter dem Regisseur Kurt Maetzig an der Kamera. Roland Dressel wurde zu einem der bedeutendsten Film-Kameramänner der DEFA und arbeitete mit vielen Regisseuren kongenial werkschaffend zusammen. Nach Beendigung seiner Tätigkeit im Jahr 2000 konnte er auf 30 Spielfilme zurückblicken, die er als Bildgestalter und später als Chefkameramann mit vielen neuen Ideen und Wirkungen ins Bild gesetzt hat.
„In seiner persönlichen Bescheidenheit, mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn und als unbestechliche Persönlichkeit war Roland Dressel stets ein Vorbild an Integrität“, so formulierte der Berufsverband Kinematografie in einer Würdigung ihres Ehrenmitglieds Roland Dressel. Von der DEFA-Stiftung erhielt er 2017 den „Preis für das künstlerische Lebenswerk“.
Von seinen als Kameramann aufgenommenen Filmen seien zwei besonders erwähnt: Die größte Anerkennung erhielten Rainer Simon als Regisseur und Roland Dressel als Kameramann für den Film „Die Frau und der Fremde“ nach der Novelle von Leonhard Frank. 1985 kam überraschend die Einladung, mit diesem Film an der „Berlinale“ in Westberlin teilzunehmen. Dort erhielt dieser die höchste Auszeichnung, den „Goldenen Bären“. Es war und blieb der einzige „Goldene Bär“ der DEFA. Der andere Film ist „Jadup und Boel“ (Regisseur wieder Rainer Simon). Der Film wurde 1981 abgeschlossen, durfte aber erst 1988 öffentlich gezeigt werden, weil er schonungslos bestehende DDR-Zustände in einer Kleinstadt der Altmark aufzeichnete. Es war der letzte DEFA-Film, der in den Keller musste und der zunächst nicht öffentlich gezeigt werden durfte.
Nachdem der Meeraner Kunstverein die Galerie ART IN an neuer Stelle im Kunsthaus am Markt eröffnet hatte, wurden Pläne für die nächsten Ausstellungen gemacht. Dabei kam es auch 2011 zur Anfrage bei Roland Dressel, dessen freundschaftliche Verbindung nach Meerane bekannt war. Mit Freude stellte der Vorstand des Kunstvereins fest, dass Roland Dressel sich zu einer größeren Ausstellung in seiner Geburtsstadt entschließen konnte. Wie es seine Art war, plante er die Ausstellung sehr sorgfältig und kam zweimal nach Meerane zur Vorbereitung und Übergabe von Ausstellungsmaterial. Es war eine in großer gegenseitiger Übereinstimmung und Unterstützung aufgebaute Ausstellung „STATIONEN – die Fotos – die Filme“, die mit der Vernissage am 17.09.2014 begann und umfassend das Wirken und Schaffen des Künstlers erläuterte. Roland Dressel zeigte sich nicht als Routinier, sondern als Kameramann der ausdrucksvollen Bildgestaltung, der wie ein Maler seine Bilder und Filmszenen aus Farben, Licht und Bewegungen komponiert.
Zur Vernissage war der Andrang groß; Roland Dressel reiste auch mit Familie und Freunden an. Das große Interesse der Öffentlichkeit bestand auch während der Ausstellungszeit bis Anfang November. Außerdem wurden später im kleinen Kreis zwei Filmkopien gezeigt: „Die Frau und der Fremde“ und „Die Besteigung des Chimborazo“.
Bei einem persönlichen Treffen mit dem Bürgermeister der Stadt Meerane Herrn Professor Dr. Lothar Ungerer, der damaligen Fachbereichsleiterin Kultur Frau Angelika Albrecht und Mitgliedern des Vorstandes des Meeraner Kunstvereins übergab Roland Dressel am 25.11.2014 in der Galerie die Exponate der Ausstellung „STATIONEN“ der Stadt Meerane als Schenkung. Seine Worte dazu waren: „Damit sich spätere Generationen daran erfreuen!“
Bürgermeister Professor Dr. Ungerer und die Leiterin des Heimatmuseums Cornelia Sommerfeld haben deshalb mit dankbarer Unterstützung des Kunstvereins beschlossen, eine Wechselausstellung im Kunsthaus zu Roland Dressel durchzuführen. Weiterhin ist geplant, im Jahr 2022 im großen Saal der Neobarocken Post eine Sonderausstellung „Roland Dressel“ einzurichten und diese mit Filmvorführungen zu verbinden.
Nun wäre nur noch hinzuzufügen: Damit den Meeranern der hervorragende Kameramann Roland Dressel, geboren in ihrer Stadt, in Erinnerung bleibt!