„Nachhaltig aus der Krise“ – Workshops zur „Klimaanpassung Meerane“ sammeln Projektideen

Im Rahmen der Mehrwert-Initiative „Nachhaltig aus der Krise“ des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL) werden in Meerane bereits erste Maßnahmen zur Klimaanpassung umgesetzt.

Dazu gehört das Vorhaben „Brumms Grund“. Die Umgestaltung des Areals mit einem Geh- und Radweg von der Schwanefelder Straße bis zum Parkplatz Nelkenweg, der Anpflanzung von insgesamt 160 Bäumen und der Anlage einer Regenwasserzisterne werden im Rahmen des Programms gefördert. Der Geh- und Radweg sowie die Anpflanzungen wurden im vergangenen Jahr bereits realisiert, die Regenwasserzisterne wird im 1. Halbjahr 2023 umgesetzt. Sie wird am Wohnblock Nelkenweg 1 bis 4 entstehen und künftig das auf die Dachfläche des Gebäudes fallende Regenwasser auffangen und speichern. Der Regiebetrieb Meeraner Stadttechnik / Gärtnerei wird dieses Wasser zum Gießen verwenden, unter anderem auch für die neu angepflanzten Bäume im „Brumms Grund“, informiert Sabine Schumann vom Sachgebiet Umwelt der Stadtverwaltung Meerane.

Begleitet wurde das Projekt im vergangenen Jahr durch eine Workshopreihe, zu der interessierte Bürgerinnen und Bürger, Vereine und Unternehmen der Stadt Meerane eingeladen waren. Nach der erfolgreichen Auftaktveranstaltung im Juli fanden im Oktober und November 2022 zwei weitere Workshops statt, die sich den Themen „Fassaden- und Dachbegrünung“ sowie „Wassersensible Stadt (Schwammstadt)“ widmeten.

Die Umgestaltung des Areals „Brumms Grund“.

Workshop „Fassaden- und Dachbegrünung“

Zum Workshop „Fassaden- und Dachbegrünung“ am 27. Oktober 2022 im Neuen Rathaus begrüßte Bürgermeister Jörg Schmeißer erneut einen interessierten Teilnehmerkreis. Anwesend waren Meeraner Bürgerinnen und Bürger, Vertreter von Unternehmen und Schulen sowie Mitarbeiter der Verwaltung.
„In den vergangenen Jahren konnten wir bereits viele Klimaveränderungen wahrnehmen. Die Kommunen erfüllen wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge und stellen notwendige Infrastruktur zur Verfügung. Daher gibt es hier auch ein großes Potenzial für Anpassungen“, sagte Bürgermeister Jörg Schmeißer.
Dr. Uwe Ferber und Christin Fischer von der StadtLand GmbH, die die Aktivitäten im Rahmen des Projekts in Meerane begleiten, gaben einen kurzen Rückblick auf die Auftaktveranstaltung und informierten zum Schwerpunkt des Workshops „Fassaden- und Dachbegrünung“.

„Klimaanpassung bedeutet, die negativen und unvermeidbaren Auswirklungen des Klimawandels zu reduzieren und erträglich zu gestalten“, so Dr. Ferber. Grün in der Stadt ist dafür unverzichtbar, da Grünflächen nicht nur Wasser speichern können, sondern unter anderem auch in der Lage sind, Hitze aufzunehmen. Das Grün kann so auch als „Klimaanlage“ betrachtet werden. Drei Ziele bzw. mögliche Projekte formulierte Dr. Ferber daraus: 1. Erhalt, Vernetzung, Anpassung und Ausbau grüner Infrastruktur, 2. Zwischenbegrünungen von Baulücken und ungenutzten Flächen, 3. Pflanzungen angepasster Arten.
Dazu gibt es in Meerane bereits positive Beispiele. Eines ist die Anlage des Meerchenwaldes auf der Fläche der ehemaligen Industriebrache der Kammgarnspinnerei an der Rosa-Luxemburg-Straße. Hervorzuheben ist hier auch das Engagement der Bevölkerung, so Christin Fischer, denn die Pflanzungen sind im Fall der Bürgerwälder Baumspenden von Bürgern, Vereinen und Unternehmen. Bei den jährlichen Baumpflanzungen seit 1994 wurden an den drei Standorten „Meeraner Hochzeitswald“, „Hochzeitswald am Westweg“ und „Meerchenwald“ bereits über 1100 Bäume gesetzt.

Bei einer Ideensammlung mit den Teilnehmern des Workshops wurden verschiedene Themen angesprochen, darunter die Dachbegrünung von Industriehallen und anderer neu gebauter Gebäude, die Begrünung z.B. von großen Parkflächen, die Anlage eines Friedwaldes oder die Unterhaltspflege von größeren Wiesenflächen. Was für den einen Bürger eine ordentlich gemähte Rasenfläche ist, ist für andere eine verlorene Fläche für Insekten und Kleinlebewesen.
Die Aufklärung der Bevölkerung ist wichtig, so die einhellige Meinung. Bürgermeister Jörg Schmeißer verwies in diesem Zusammenhang auf verschiedene Blüh- und Schmetterlingswiesen, die in Meerane im vergangenen Jahr angelegt wurden, z.B. am neugestalteten Platz an der Alten Weinbrennerei oder auf dem ehemaligen Kammgarngelände. Auch das Gelände der ehemaligen Technischen Textilien an der Äußeren Crimmitschauer Straße wird solche Flächen erhalten.

Zum Thema Dachbegrünung gab es dann für die Teilnehmer kompakte Informationen in Form eines Videos, in dem die Anforderungen und die Umsetzung erklärt und die Vorteile herausgestellt wurden. Die Speicherung des anfallenden Regenwassers und langsame Abgabe entlasten das Kanalnetz, die Dachbahnen werden durch eine geringere Temperaturdifferenz geschützt, und es erfolgt auch eine „Dämmung nach unten“ und damit ein besseres Klima für das Gebäude. Vorgestellt wurde auch eine Kombination von Dachbegrünung und Photovoltaikanlagen.

Über eine weitere praktische Anwendung informierte Rico Genau, Geschäftsführer der Fa. RGenau Industries GmbH & Co.KG aus Meerane. Das Unternehmen hat mit dem CUBE ein autarkes Luftfiltersystem entwickelt. Der CUBE ist eine patentierte, würfelartige Konstruktion, deren Körper als Katalysator fungiert. Durch seine spezielle Beschichtung ist er in der Lage, Schadstoffe wie Stickoxide aus der Umgebungsluft zu filtern und zu Nitraten abzubauen. Seit Dezember 2020 steht ein solcher CUBE z.B. an einer vielbefahrenen Kreuzung in Annaberg-Buchholz.

Workshop „Wassersensible Stadt (Schwammstadt)“

Am 17. November 2022 fand der dritte Workshop zum Thema „Wassersensible Stadt (Schwammstadt)“ statt. Das Team der StadtLand GmbH zeigte an diesem Abend Probleme des Wassermanagements auf und es wurden Lösungen für den Umgang durch diverse Anpassungsstrategien dargestellt. Die durch den Klimawandel zu erwartende Steigerung der Temperatur war bereits in den vergangenen Sommern spürbar. Dürren durch große Hitze und das Fehlen von Wasser im Sommer oder katastrophaler Starkregen mit Überflutungen ereilen Deutschland immer öfter. Es kommt auch hier vermehrt zu solchen extremen Wetterereignissen.
Dr. Ferber betonte, dass für eine wassersensible Stadt der Umbau der Infrastruktur nötig ist. Das Ziel muss ein geplanter und sorgsamer Umgang mit der kostbaren Ressource sein. Prozesse der Kreislaufführung oder der Einsatz von Kaskaden, dienen der Mehrfachnutzung von Wasser und sind für einen schonenden Umgang essenziell.

Die StadtLand GmbH berichtete von ihrer durchgeführten Bestandsaufnahme der Regenwassersysteme in Meerane. Dabei wurden einige Problemfelder aufgezeigt. Christin Fischer erklärte, was insbesondere bei Starkregen ungünstig ist: zu viele versiegelte und ungenutzte Flächen, Parkplätze ohne Autos oder Plätze ohne Versickerungsmöglichkeit für das Wasser. Offene Fensterluken, die Einfalllöcher für Starkregen sein können, wurden ebenfalls als Problemfeld aufgezeigt. Ziel bei Starkregen sollte es sein, anfallendes Wasser dezentral zu bewältigen, aufzunehmen, zu nutzen und ortsnah versickern zu lassen. Die Wasserspeicherung, das Vermeiden von Neuversiegelung und die Entsiegelung wurden als oberstes Ziel der Lösungsansätze genannt. Die Renaturierung, eine multifunktionale Flächennutzung, technische Bauwerke wie unterirdische Rigolen und Speichermedien wie Zisternen stellen konkrete Maßnahmen dar.

Christine Wilfling, Technische Leiterin des Abwasserzweckverbandes Götzenthal, machte auf die Gesetzeslage aufmerksam und betonte die Pflicht zur Abwasserbeseitigung aus dem Wasserhaushaltsgesetz. Maßgabe ist darin auch, dass Niederschlagswasser „ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden [soll], soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen.“ (§ 55 Wasserhaushaltsgesetz)
Anschließend gab sie einen Überblick über die Wasserlage in Meerane. Positiv hervorgehoben wurden die bereits umgesetzten technischen Neuerungen, wie die Rückhaltebecken im Gewerbegebiet und die Regenwasserentlastungen im Stadtgebiet. Problematisch ist hingegen, dass Schmutz- und Regenwasser gemeinsam im Mischwasserkanal abgeleitet werden. Dem historisch im Stadtgebiet gewachsenen Mischwassersystem ist es geschuldet, so Christine Wilfling, dass das Abwassersystem ausgelastet ist und unnötig viel Wasser abgeleitet und geklärt werden muss. Als möglicher Lösungsansatz könnte ein Schmutzwasserkanal zum Einsatz kommen, ist jedoch im Stadtgebiet nicht umsetzbar. Eine Abkopplung des Regenwassers vom Abwasser wäre ideal, betonte Christine Wilfling, weil Regenwasser entweder sinnvoll eingesetzt werden oder versickern sollte. Einen Beitrag dazu kann jeder in seinem Grundstück leisten, indem Regenwasser z.B. zur Toilettenspülung, Wäsche waschen oder zum Gießen genutzt wird.
Es handelt sich um eine komplexe Situation, fasste Dr. Ferber zusammen. Ein vernünftiger Ansatz sollte Wasser, Straßenbau und Kanalbau miteinander verbinden und es sollte eine gemeinsame Planung dieser Maßnahmen stattfinden. Dazu dienen diese Workshops: Ideen in die Köpfe der Menschen zu bringen und anzuregen.

René Stoll, Geschäftsführer STOLL Bauplanung, stellte ein Projekt zur Versickerung von anfallendem Regenwasser inklusive vorheriger Reinigung vor, welches an der Hohen Straße in Meerane umgesetzt werden könnte. Das Problem der Schadstoffbelastung des abfließenden Wassers, sowie die Abflussminderung sollen durch ein unterirdisches System behoben werden. Eine Sedimentationsanlage säubert, speichert und versickert Wasser. Doch Versickerung ist nicht überall möglich. Die hydrologische Situation ist entscheidend und muss bei der Planung einer solchen Anlage beachtet werden. Für die Umsetzung des Pilotprojektes in Meerane muss nun auf Fördermittel gewartet werden. Dass Kommunen Förderprogramme aufnehmen, ist sehr wichtig. Denn Vorsorge und Vermeidung sind besser als Nachsorge und Schadensbeseitigung.

Lösungen auf den privaten Grundstücken wurden durch eine Vertreterin vom OBI Meerane aufgezeigt. Sie stellte Möglichkeiten zur Regewasserspeicherung, Filtermöglichkeiten, Bewässerungsanlagen und auch Dachbegrünung und Bepflanzungsideen vor, die jeden Bürger privat beim Umgang mit Wasser unterstützen können.

 

Die anwesenden Bürgerinnen und Bürger brachten auch ihre Fragen vor und übten Kritik an der Flächenversiegelung, die in den letzten Jahren durch Neubauten stattgefunden hat. Zudem wurde die Frage in den Raum gestellt, ob durch die Baufeldfreimachungen und den Fokus auf die technischen Systeme zur Lösung der Wassersituation nicht die Flora und Fauna vernachlässigt würden. Die Wünsche nach dem Erhalt der Bäume, der Wiesen und der Schaffung neuer naturnaher Flächen wurden deutlich gemacht.
Dieser aktive Austausch war und ist ein maßgebliches Ziel der Workshops und soll dazu beitragen, die Bauplanung in Zukunft besser mit der Klimaanpassung zu verbinden. Sabine Schumann sprach Dank für all die guten Vorschläge aller Workshops aus und betonte in ihrem Schlusswort: „Nur gemeinsam schaffen wir das.“

 

Wie geht es weiter?

Die Projektideen der drei Workshops werden jetzt durch die StadtLand GmbH und die Stadt Meerane ausgewertet und es werden passende Förderprogramme für Vorhaben gesucht. 

Ein Beispiel ist das Internationale Gymnasium Meerane, informiert Sabine Schumann vom Dezernat Bauwesen und Umwelt. Die Schule möchte künftig das anfallende Wasser von den Dachflächen des Schulgebäudes, welches derzeit noch komplett ins Kanalsystem geht, in einer Regenrückhaltung speichern. Schulleiterin Kerstin Sommer war eine der Teilnehmerinnen der Workshops. Jetzt wird ein passendes Förderprogramm gesucht.
Ein zweites Beispiel aus dem Workshop ist die Dachbegrünung einer Garage einer Meeraner Bürgerin. Auch hier wird nach einem geeigneten Förderprogramm gesucht.

Bürgerinnen und Bürger, die weitere Ideen im Hinblick auf Klimaanpassung und nachhaltige Stadtentwicklung haben, können sich gern an den Bereich Umwelt, Dezernat Bauwesen und Umwelt der Stadtverwaltung, wenden.

„Diese Baumaßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.“