Krawattenraub zu Weiberfasching
Keine Zepterübergabe, kein Straßenkarneval, kein Saalfasching, keine Gugge-Musik, kein „Meerane Helau“ des MCV, keine „Gisela“ der Sächsischen Chaoten, kein Gardetanz des Tanzbodens, kein närrischer Blasmusikverein …… Spielverderber Corona vermiest den Karneval 2021. Der Fasching 2021 wird in die Karnevalsgeschichte eingehen. Man wird sich aber auch erinnern, an die kleinen, schönen Aktionen, die sich die Pflasterköppe oder der Tanzboden ausgedacht hatten.
Auch der Bürgermeister hatte am 11.11. keine jährliche Bewährungsprobe, den Narren des MCV die Stirn zu bieten und sie an der Stürmung des Rathauses zu hindern. Auch wenn er diesen Kampf sicherlich – wie all die Jahre – verloren hätte, brauchte er das Stadtzepter nicht aus der Hand zu geben. Es ist erstmals in den Händen des Bürgermeisters geblieben.
Eine Tradition hat jedoch auch in dieser Zeit Bestand: Mit Maske und Abstand haben am heutigen Weiberfasching die Frauen im Neuen Rathaus die (Karnevals)-Macht und dürfen als Symbol dafür den Männern die Krawatten abschneiden. Kein Wunder bei einem Frauenanteil von 80 Prozent in der Stadtverwaltung. So verwundert es ferner nicht, dass um 11:11 der Meeraner Bürgermeister das Opfer des Krawattenraubes war.
Krawatte ab hieß es auch zur Weiberfastnacht 2021 im Meeraner Rathaus. Bürgermeister Professor Dr. Lothar Ungerer konnte zwar das Stadtzepter diesmal behalten, sich aber dem närrischen Treiben zum Weiberfasching nicht entziehen. Monique Schubert, Dezernentin Allgemeine Verwaltung, und Jocelyn Heinrich, Büro des Stadtrates, schritten mit der Schere zur Tat. Natürlich mit Abstand und Maske.
Info: Zur Tradition der Weiberfastnacht.
Der moderne Weiberfasching hat seinen Ursprung im 19. Jahrhundert im Bonner Stadtteil Beuel. Dort arbeiteten die Wäscherinnen Tag für Tag 16 Stunden lang. Aufgabe der Männer war, die saubere Wäsche zurück nach Köln zu bringen. Und dort ließen sie es sich nicht nehmen, ausgelassen Karneval zu feiern.
Die Wäscherinnen hatten es scheinbar satt, zu kurz zu kommen. Sie gründeten das „Beueler Damenkomitee“ und statt zu arbeiten, trafen sie sich eines Abends in einer Kneipe - um über die faulen Männer zu lästern. Sie redeten sich laut Döring ihren Frust von der Seele: Für ihre harte Arbeit sollen sie nämlich nur wenig Anerkennung bekommen haben.
Nur einmal im Jahr - nämlich am Donnerstag vor Aschermittwoch, sollen die Wäscherinnen so ihren Unmut zum Ausdruck gebracht haben. So legten sie sogar einen Meilenstein auf dem Weg zu Emanzipation in Beuel. Ihre mutige Aktion wirkt bis heute nach: In dem Bonner Stadtteil wird bis heute jedes Jahr eine Wäscherprinzessin gekürt, und ein Festumzug zieht durch den Ort.
Die Idee, Frauen an einem Tag im Fasching das Regiment zu überlassen ist jedoch schon viel älter. Bereits im Mittelalter, in einer Zeit, in der die Frau dem Mann generell unterstellt war, wurden Frauen bereits vereinzelt an Fasching von Herrschaften eingeladen um Wein zu trinken. Auch aus diesem sogenannten Weiberzechen entwickelte sich so mancherorts die Tradition der Weiberfastnacht.
1957 wurde in Beuel das erste Mal das Rathaus gestürmt. Dieser Brauch verbreitete sich über die Jahre in Rest-Deutschland. Dabei schnappen sich die Narren das Stadtzepter des Bürgermeisters und übernehmen bis Aschermittwoch die Macht in der Stadt. Im gesamten Rheinland gilt Weiberfastnacht als inoffizieller Feiertag. (Quellen: AA vom 25.01.2021, AZ, dpa)