3. Oktober 2019 - Geleitwort zum Tag der Deutschen Einheit von Bürgermeister Professor Dr. Lothar Ungerer

Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,

 am 3. Oktober feiern wir Deutsche unseren Nationalfeiertag: Vor 29 Jahren vollzog sich die Einheit Deutschlands.

3. Oktober 1990: Einheitsfeier am Reichstag (Bildquelle: Bundesregierung)

 

Rückblende: Am 23. August 1990 sagte die Volkskammer als erstes frei gewähltes Parlament der DDR „Ja“ zur Einheit Deutschlands. Der Beschluss war kurz und eindeutig:
"Die Volkskammer erklärt den Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes mit Wirkung vom 3. Oktober 1990.“
Die Volkskammer ging davon aus, dass bis dahin die „Zwei-plus-Vier-Verhandlungen“ abgeschlossen seien. Der Vertrag wurde am 12. September 1990 von den zwei deutschen Staaten und den vier Siegermächten des Zweiten Weltkrieges in Moskau von den Staatenvertretern Genscher (BRD), de Maizière (DDR), Baker (USA), Schewardnadse (Sowjetunion), Hurd (Großbritannien) und Dumas (Frankreich) unterzeichnet. Dieser „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ hat den Stellenwert eines Ersatz-Friedensvertrages zum Ende des Zweiten Weltkrieges. In ihm beendigten die vier Siegermächte nach 45 Jahren ihre Verantwortlichkeiten auf Berlin und Deutschland als Ganzes. Das vereinte Deutschland bekam seine volle Souveränität.
Da der Vertrag erst später in Kraft trat (15. März 1991), erklärten die vier Siegermächte am 1. Oktober 1990 in New York, dass sie ihre alliierten Vorbehaltsrechte und Verantwortlichkeiten bereits mit dem 3. Oktober 1990 aussetzen und damit Deutschland vorab die volle Souveränität zubilligen. Der 3. Oktober ist als Nationalfeiertag und als Tag der Deutschen Einheit Ausdruck dieser Staatswerdung. Die deutsche Teilung wurde überwunden.Es gab Risiken aber viel zu gewinnen: Ein lebendiges, streitbares,  freies und demokratisches Deutschland.

Nach 29 Jahren ist diese Deutsche Einheit eine Selbstverständlichkeit. Nach dem Jubel folgte der Alltag. Von Albert Einstein stammt der Gedanke: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“ Wenn wir im Jahr 2019 den Blick nach vorne richten, können wir selbstbewusst auf Stärken aufbauen.

Eine der Stärken sind unsere demokratischen Werte: Toleranz gegenüber den Haltungen und Möglichkeiten anderer, Engagement für Rechtsstaatlichkeit, Bereitschaft zur Eigenverantwortlichkeit auch in der Politik, einen realistischen Blick auf die eigenen Fehler und die Fähigkeit, zwischen Verantwortung unterschiedlichen Grades zu differenzieren.

Eine der Stärken sind die dynamische Wirtschaft und attraktive Arbeitsplätze. Als Wirtschaftsstandort haben wir viel zu bieten. Unsere Unternehmen können im nationalen und internationalen Wettbewerb bestehen. Wir haben mit der Automobilindustrie in unserer Region einen industriellen Schwerpunkt. Wir sind hier mitten drin, in einer aufregenden Phase der Veränderung. Stichwort Elektrofahrzeuge. Der Zeitplan ist straff. Der Anspruch ist hoch. Die Investitionen sind gewaltig. Die Unternehmen zeigen uns stets, wie unternehmerischer Optimismus die Brücke in die Zukunft ist.

Eine der Stärken ist die Verantwortung vor Ort, die kommunale Selbstverwaltung. Das Jahr 1990 steht auch für die Wiedergeburt der bürgerschaftlichen Selbstverwaltung. Wir haben vor Ort Ideen und Konzepte, wie man mit Mut, Klarheit und Ideen Kommunen fit für die Zukunft macht. Wir leben  die kommunale Selbstverwaltung als Kernelement einer lebendigen Demokratie, mit dem Willen zum Konsens, der Kraft zur Integration, dem Misstrauen gegenüber Ideologien. Wir sind uns vor Ort der Verantwortung bewusst, dass Städte und Gemeinden für unsere Lebensqualität eine überragende Rolle spielen. Sie tragen zum Beispiel ganz maßgeblich dazu bei, jenes Lebensgefühl in uns zu wecken, das wir Heimat nennen.

Eine der Stärken ist unser Lernprozess vor Ort. Unsere Kernfrage ist: Wie halten wir als Stadt in diesen dynamischen Zeiten Schritt? Unsere Antwort lautet: Wir folgen einem ständigen, auf Fakten beruhenden Lernprozess. Wir nehmen den Wandel wahr und an! So gestalten wir Veränderungen im Rahmen unserer Möglichkeiten, um unserer Stadt Zukunft zu geben, indem wir Ziele definieren, Vorhaben umsetzen, deren Wirksamkeit prüfen, uns anpassen, um für zukünftiges Handeln wieder zu lernen.

Herzlichst

Ihr Lothar Ungerer