„Ich bin so gerne auf der Welt! – 80. Todestag von Erich Knauf“ – Sonderausstellung erinnert an den Meeraner Schriftsteller
Zu seinem 80. Todestag widmen die Stadt Meerane, Sachgebiet Kultur, und der Autor Jürgen Seul dem Meeraner Erich Knauf eine Sonderausstellung. Zur Eröffnung der außermusealen Ausstellung am 4. Mai 2024 kamen zahlreiche Gäste in die Räumlichkeiten des leerstehenden Ladengeschäfts in der Badener Straße 3. Bereits vor der Eröffnungsveranstaltung konnten sich die Besucherinnen und Besucher mit der Ausstellung in den Schaufenstern und dem darin dargestellten Lebensweg von Erich Knauf vertraut machen. Neben eingänglichen Texten, die aus Erich Knaufs Perspektive aus seinem Leben berichten, zeugen auch Ausstellungsstücke, wie eine Aktentasche oder ein Stahlhelm, von der bewegten Geschichte des Meeraners.
Zum Eröffnungsprogramm begrüßt wurden die Besucherinnen und Besucher musikalisch mit dem von Erich Knauf geschriebenen und von Werner Bochmann vertonten Lied „Heimat deine Sterne“, gespielt von Kateryna und Olga Cherniah.
„Mit Musik geht alles besser“, so stieg Bürgermeister Jörg Schmeißer anschließend in sein Grußwort ein. Mit den Melodien und den Worten Erich Knaufs hieß er die Gäste, darunter den Bürgermeister a.D. und Ehrenbürger der Stadt, Dr. Peter Ohl, Stadträte und die an der Ausstellung beteiligten Anwesenden, den Autor Jürgen Seul, die Ausstellungsillustratorin Gina Luisa Kühn und den Sachgebietsleiter Kultur, Alexander Fischer, willkommen. Außerdem begrüßte er die Familie Eckert. Insbesondere Wolfgang Eckert, dessen Ehefrau Annerose Eckert ihn zur Eröffnung vertrat, sprach Bürgermeister Jörg Schmeißer seinen herzlichen Dank für seine Arbeit für die Sicherung des zeitgeschichtlich und biografisch wertvollen Nachlasses Erich Knaufs für die Nachwelt aus.
Der Meeraner Schriftsteller hatte sich bereits zu DDR-Zeiten mit Erich Knauf beschäftigt. Von dessen Witwe, mit der er Kontakt aufgenommen hatte, erhielt Wolfgang Eckert den Nachlass von Erich Knauf, den er der Stadt Meerane als Dauerleihgabe zur Verfügung stellte.
Wolfgang Eckert würdigte Erich Knauf in der 1998 bzw. 2018 neu erschienenen Biografie „Heimat, deine Sterne. Leben und Sterben des Erich Knauf“. Erschienen ist diese Biografie im Vergangenheitsverlag Berlin, ebenso wie Knaufs Buch „Der unbekannte Zille“. „An letzterem Buch hing Knauf sehr, aber es blieb zu seinen Lebzeiten ein Manuskript. Erna Knauf hatte es nach Kriegsende einem Dresdner Verlag angeboten, leider vergeblich. Ich tippte das Manuskript, welches zu vergilben drohte, ab und konnte es so retten“, erinnert Wolfgang Eckert.
In seiner Ansprache betonte Bürgermeister Jörg Schmeißer die Werte und Rechte, die wir heute in Deutschland haben. „Demokratie, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind Werte, die es vor 80 Jahren in Deutschland nicht gab. Weil er seine Meinung sagte, verlor Erich Knauf sein Leben“, sagte der Bürgermeister und hob die heute bestehende Demokratie als höchstes Gut hervor. „Es ist wichtig, sich dessen stets bewusst zu sein und alles zu tun, um unsere Demokratie zu schützen“, sagte er und betonte in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit der Sonderausstellung in der Innenstadt.
Neben weiteren modernen musikalischen Beiträgen auf dem Akkordeon und der Cajon, hielt der Autor Jürgen Seul, der extra aus dem Rheinland nach Meerane gekommen war, eine Laudatio auf Erich Knauf. Jürgen Seul, der die Ausstellung textlich ausgestaltete und gemeinsam mit dem Sachgebiet Kultur konzipierte, gab darin einen Einblick in das Leben des am 21. Februar 1895 in Meerane geborenen Erich Knauf. Dieser war ein begabter, aber leider inzwischen fast vergessener Kulturschaffender aus der Zeit der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus. Als Journalist, Redakteur, Dichter, Schriftsteller, Lektor, Werbe- und Liedtexter machte sich Knauf einen Namen und hinterließ zahlreiche Artikel über Politik und Kultur. Erich Knauf tat seine Meinung über das System, die Kriegssituation, über Hitler und andere NS-Größen kund. Er wurde denunziert und aufgrund seiner Meinungsäußerungen und politischen Witze, ausgelegt als „zersetzende Äußerungen“, wegen „Wehrkraftzersetzung und landesverräterischer Feindbegünstigung“ verurteilt. Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf einem Gelände der Gedenkstätte des Zuchthauses Brandenburg-Görden, wo er am 2. Mai 1944 hingerichtet wurde.
Jürgen Seul brachte dem Publikum Erich Knauf darüber hinaus mit Zitaten von Menschen, die ihn kannten, näher. So kamen durch Jürgen Seul an diesem Nachmittag unter anderem Erichs Ehefrau Erna Knauf, Werner Bochmann und Erich Kästner zu Wort. Auch aus Werken des Autors Wolfgang Eckert, der – auch wenn er kein Bekannter von Knauf war – dessen Nachlass intensiv studierte und Erich Knauf sehr gut kennt, trug Jürgen Seul einige Passagen vor. Jürgen Seul hofft, dass mit der Sonderausstellung dazu beigetragen wird, Erich Knauf ins Bewusstsein der Menschen zurückzubringen und seine Geschichte bekannt zu machen. Sein persönlicher Vortrag über Leben und Wirken des Widerstandskämpfers berührte die Anwesenden sichtlich und brachte ihnen den Mensch Erich Knauf näher.
Gemeinsam verfasst von Wolfgang Eckert und Jürgen Seul wird im Sommer 2024 ein Buch über die „drei Erichs“ – Erich Knauf, Erich Ohser und Erich Kästner – zum 100. Verlagsgeburtstag in der Büchergilde Gutenberg erscheinen.
Auch Alexander Fischer, Sachgebietsleiter Kultur, richtete seine Worte an die Gäste: „Wie stellen Sie sich den Raum vor, in dem Knauf ermordet wurde? Holzbohlen, edler Stuck, angenehmes Licht? Ich denke nicht. Ich suchte einen Ort, der das Leben in sich trug und es dann im Laufe der Zeit verloren hat.“ Alexander Fischer betonte damit die unerwarteten Räumlichkeiten, in denen die Sonderausstellung durch die Fensterscheiben einen Blick in das Leben des Meeraners Erich Knauf ermöglicht. Vor dem formellen Abschluss holte Sachgebietsleiter Alexander Fischer noch einmal die Thematik der Ausstellung in unsere Zeit. „Demokratie ist nicht nur schützenswert, sondern sie ist die Grundlage. Ja, Demokratie strengt an und nervt auch manchmal. Umso wichtiger, dass wir sie mitgestalten. Lassen wir uns von Knauf inspirieren und seine Liebe zur Demokratie heute nicht zerstören.“ […] Denn: Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bin so gerne auf der Welt.“
Schlusspunkt zur Eröffnung der Sonderausstellung: Bürgermeister Jörg Schmeißer, Annerose Eckert und Jürgen Seul (v.l.n.r.) enthüllten die Büste von Erich Knauf und platzierten diese im letzten Schaufenster.
Zur Ausstellung:
Was die Gäste in der Sonderausstellung erwartet, beschreibt Alexander Fischer wie folgt: „Die Ausstellung geht bewusst aus dem Museum heraus und möchte so neben zufällig Vorbeigehenden auch als Zeichen der Demokratie die Meeraner Bevölkerung adressieren. Auch die Zuspitzung der Dramatik in Knaufs Leben durch das Hineinströmen der Farbe Blau und der Comicstil der dargestellten lebensgroßen Figuren sind ein Hingucker und ein positiver Störfaktor. Um eine Verbindung zu den musealen Sammlungsbeständen zu erzeugen, befindet sich in jedem Themenfenster ein historisches Objekt, wie ein Stahlhelm, eine Schreibmaschine oder eine Büste von Erich Knauf. Gleichzeitig ermöglichen QR-Codes die direkte Interaktion mit den Themen durch Anhören von Knauftexten in Jugendsprache, aktuellen Statistiken zu rechtsextremistischen Überfällen in Sachsen oder Fragekacheln, die zum Beantworten einladen.“
Die Ausstellung „Ich bin so gerne auf der Welt! – 80. Todestag von Erich Knauf“ ist bis zum 30. November 2024 zu sehen.