Flüchtlinge und Asyl: Beabsichtigte Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen durch das Kinder- und Jugendförderungswerk e.V. Meerane (Stand: 30.01.2017)

Am 26. Januar 2017 erreichten die Stadtverwaltung Meerane im Zuge eines Bauantragsverfahrens Hinweise, dass der Landkreis Zwickau beabsichtigt, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Kinder- und Jugendförderungswerk e.V. im Gebäude Schwanefelder Str. 7 unterzubringen. Der Landkreis Zwickau habe sich mit der Leitung des Kinder- und Jugendförderungswerk e.V. darüber verständigt.

Eine Information zu diesen Planungen an die Stadt Meerane erfolgte dagegen nicht.  Das Kinder- und Jugendförderungswerk e.V. hatte im September 2016 gegenüber der Stadt Meerane allgemein zum Ausdruck gebracht, dass eine Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge eine Handlungsoption als  Jugendhilfeeinrichtung wäre. Weitere Informationen des Vereines zu dieser möglichen Absicht an die Stadt Meerane gab es nicht mehr. Eine entsprechende Anfrage der Stadt Meerane vom 27.01.2017 an die Leitung des Vereines  blieb bis dato unbeantwortet. Der Landkreis Zwickau dagegen bestätigte auf Anfrage der Stadt Meerane am 27.01.2017 die Planungen.

Über diesen aktuellen Stand informiert die Stadt Meerane mit Stand 30.01.2017 die Öffentlichkeit. Auch wenn die Stadt Meerane wie bei der Erst- und Zweitaufnahme von Flüchtlingen keine Zuständigkeiten hat, halten wir es für erforderlich, die Öffentlichkeit frühzeitig über die Planungen des Landkreises Zwickau zu unterrichten.

Wie beim Verfahren der ehemaligen Erstaufnahmeeinrichtung im Seiferitzer Schulweg ist die Stadt Meerane als Untere Bauaufsichtsbehörde gefordert. Die Stadt Meerane muss bauordnungsrechtlich der Umnutzung des Gebäudes Schwanefelder Straße 7 zustimmen, d. h. der Eigentümer (Kinder- und Jugendförderungswerk e. V. Meerane) muss das Gebäude entsprechend dem Bauordnungsrecht gestalten. Ein entsprechender Bauantrag des Vereins ist bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde eingegangen. Das Verfahren läuft.


Ergänzt wird die Information durch eine kurze Zusammenfassung der Sach- und Rechtslage zu den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

1. Unbegleitete minderjährige Ausländer bzw. unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind Kinder oder Jugendliche, die ohne ihre Eltern in die Bundesrepublik Deutschland einreisen. Sie  zählen zu den schutzbedürftigsten Personengruppen und werden nach den Standards des Kinder- und Jugendhilferechts betreut. Zuständig sind die örtlichen Jugendämter (in unserem Fall Jugendamt des Landkreises Zwickau).  

2. Die Landesregierung hat im August 2015 ein Konzept zur Umsetzung des bundesweiten Verteilungsverfahrens für unbegleitete Minderjährige im Freistaat Sachsen beschlossen. In der Konzeption wird die Verteilung anteilig nach Einwohnerzahl auf die 10 Landkreise und die 3 kreisfreien Städte geregelt. Es werden erhebliche Haushaltsmittel bereitgestellt, hauptsächlich für Investitionen zur Unterbringung der Minderjährigen.

3. Reisen unbegleitete Minderjährige in die Bundesrepublik ein, werden sie – gemäß des Kinder- und Jugendhilferechts  – von Jugendämtern am Ort der Erstaufnahme vorläufig in Obhut genommen. Das heißt, das zuständige Jugendamt bringt die Kinder und Jugendlichen zunächst  in einer geeigneten Einrichtung der Jugendhilfe unter.
Verbleibt der Jugendliche am Ort der Erstaufnahme, wird er hier vom Jugendamt in Obhut genommen. Die jungen Menschen erhalten dann einen Vormund, der sie bei der Klärung von ausländer- und asylverfahrensrechtlichen Fragen sowie bei der Zusammenführung wegen familiärer oder anderer sozialer Bezüge begleitet.

Sofern keine Familienzusammenführung möglich ist, werden die Jugendlichen in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe bis zur Volljährigkeit betreut.

4. Unterbringung, Versorgung – hierzu gehört auch die sozialpädagogische Begleitung und Betreuung, Gesundheitsversorgung sowie Rechtsberatung – werden durch die Leistungen des VIII. Sozialgesetzbuches (SGB VIII) sichergestellt und finanziert.

5. Asylantragstellung: Innerhalb des Asylverfahrens gelten für die Bestimmung der Volljährigkeit die nationalen Vorschriften. Das heißt: Asylsuchende müssen mit Vollendung des 18. Lebensjahrs ihren Asylantrag selbst stellen, denn sie gelten –unabhängig von dem Recht in ihrem Herkunftsland – als volljährig. Asylsuchende unter 18 Jahren gelten im Rahmen des Asylverfahrens als nicht handlungsfähig. Das bedeutet, dass unbegleitete Minderjährige nicht allein einen Asylantrag beim Bundesamt stellen können. In diesen Fällen muss der Asylantrag z. B. vom Jugendamt schriftlich gestellt werden.

6. Schulpflicht: Zu Beginn der Inobhutnahme wird  u. a. festgestellt, über welchen Bildungsstand das Kind bzw. der Jugendliche verfügt. Alle unbegleiteten Minderjährigen unterliegen einer Schulpflicht. Mit der Inobhutnahme findet eine besondere Bildungsberatung statt. Mit diesem Termin wird das Kind/der Jugendliche einer geeigneten Schulform (Grundschule, Mittelschule bzw. Berufliches Schulzentrum) zugewiesen. In der Regel besuchen die Kinder und Jugendlichen vorerst eine so genannte Vorbereitungsklasse (VKA), über die die schulische Integration sprachlich vorbereitet wird.

7. Gesetzliche Grundlage: Durch das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher, welches am 01.11.2015 in Kraft getreten ist, wurde der regulären Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) eine vorläufige Inobhutnahme und ggf. eine Verteilung (§42 a-f SGB VIII) vorgeschaltet. Diese gilt für Kinder und Jugendliche, die unbegleitet nach Deutschland einreisen.

Die vorläufige Inobhutnahme (§ 42a SGB VIII): Das Jugendamt hat die uneingeschränkte Verpflichtung, unbegleitete Minderjährige in seine Obhut zu nehmen. Die vorläufige Inobhutnahme nach § 42a SGB VIII greift, wenn die Einreise in die Bundesrepublik festgestellt wird. Diese umfasst die Befugnis, ein Kind oder eine/n Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen. Das Jugendamt hat während der vorläufigen Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des/der Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen. Das Jugendamt hat während der vorläufigen Inobhutnahme zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen sechs zentrale Punkte einzuschätzen:

•  Würde das Wohl des Minderjährigen durch die Durchführung des Verteilungsverfahrens gefährdet?
•  Halten sich verwandte Personen im Inland oder einem anderen EU-Staat auf?
•  Erfordert das Wohl des Minderjährigen eine gemeinsame Inobhutnahme mit Geschwistern oder anderen unbegleiteten geflüchteten Kindern oder Jugendlichen?
•  Schließt der Gesundheitszustand des/der Minderjährigen die Durchführung des Verteilungsverfahrens innerhalb von 14 Werktagen nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme aus?
•  Die Alterseinschätzung, geregelt in § 42f SGB VIII.
•  Zudem muss das Jugendamt schon während der vorläufigen Inobhutnahme einschätzen, ob eine Asylantragstellung notwendig ist.

Wenn keine Gründe gegen die Verteilung des/der Minderjährigen sprechen, meldet das Jugendamt den/die Minderjährige/n zur Verteilung an (so genannte reguläre Inobhutnahme). Die Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) ist eine sozialpädagogische Schutzmaßnahme, um Klarheit über den weiteren Verbleib des/der Minderjährigen zu verschaffen.