Einsturzgefahr: Vollsperrung der Brüderstraße und Pestalozzistraße (Stand: 03.03.2021)
Das Gebäude Pestalozzistraße 59 ist akut einsturzgefährdet und Ursache für die Vollsperrung der Brüderstraße und Pestalozzistraße. Für die Stadt Meerane bittet der Bürgermeister um Verständnis für diese Maßnahme, die wie folgt begründet ist.
1. Welcher Sachverhalt liegt zugrunde?
Das Grundstück Pestalozzistraße 59 ist ein herrenloses Grundstück, bebaut mit einem mehrgeschossigen Wohnhaus.
Das Grundstück ist ein Eckgrundstück (Pestalozzistraße und Brüderstraße). Die Gebäudeecke hat durchgehende Risse an beiden Außenwänden, somit sind beide Straßenfluchten betroffen. Damit ist keine Verbindung der Gebäudeecke mehr zu den übrigen Gebäudeteilen gegeben.
Nach baufachlicher Einschätzung ist die Standsicherheit der Gebäudeecke nicht mehr gegeben; Folge ist eine akute Einsturzgefährdung. Damit ist eine Gefahr im Verzug angezeigt. Gefahr im Verzug bedeutet verfahrensrechtlich eine Sachlage, bei der ein Schaden eintreten würde, wenn nicht die zuständige Behörde sofort tätig wird.
Zuständige Behörde ist für das einsturzgefährdete Gebäude Pestalozzistraße 59 die Stadt Meerane in ihrer Eigenschaft als Untere Bauaufsichtsbehörde sowie als Ortspolizeibehörde. Erforderlich sind Maßnahmen der Gefahrenabwehr, da durch das einsturzgefährdete Gebäude eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht.
Für den Bürgermeister als Behördenleiter und Hauptverwaltungsbeamten ist ein Einschreiten aus Gründe der Gefahrenabwehr geboten.
2. Wie sind die Eigentumsverhältnisse?
Das Grundstück Pestalozzistraße 59 fällt in die Kategorie Eigentumsaufgabe (Herrenlosigkeit).
Die Eigentumsaufgabe ist in § 928 Abs. 1 BGB geregelt. Danach kann das Eigentum an einem Grundstück dadurch aufgegeben werden, dass der Eigentümer den Verzicht gegenüber dem Grundbuchamt erklärt und der Verzicht in das Grundbuch eingetragen wird. Das Grundstück wird herrenlos.
Der letzte Eigentümer hat den Eigentumsverzicht am Grundstück Pestalozzistraße 59 im Jahr 2013 erklärt. Demzufolge ist es herrenlos.
Im Grundbuch sind zur Pestalozzistraße 59 knapp 100.000 Euro Belastungen eingetragen, die nicht gelöscht sind. Das Grundstück selbst ist 160 Quadratmeter groß und hat nach der aktuell gültigen Bodenrichtwerttabelle einen Wert von 7.520 Euro (47 Euro/Quadratmeter).
Nach der Bauakte wurde das um 1874 ursprünglich errichtete Gebäude Mitte der 1920er Jahre abgebrochen; das jetzige einsturzgefährdete Gebäude stammt aus dem Jahr 1927.
Nach § 928 Abs. 2 BGB steht das Recht zur Aneignung des aufgegebenen Grundstücks dem Fiskus des Landes zu, in dem das Grundstück liegt. Für den Freistaat Sachsen ist dies das Finanzministerium, vertreten durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement.
Wenn nun, wie im vorliegenden Fall, von einem herrenlosen Grundstück Gefahren ausgehen, ist zur Gefahrenabwehr die Stadt als örtliche Ordnungs- oder Polizeibehörde zuständig (und nicht der Freistaat Sachsen, in dessen Verfügbarkeit sich das herrenlose Grundstück befindet).
Im Regelfalle wird bei herrenlosen Grundstücken mit einem Schreiben an die Gemeinde oder Stadt, in der die herrenlose Immobilie gelegen ist, die Gemeinde oder Stadt durch den Freistaat in ihrer Eigenschaft als Ortspolizeibehörde angeschrieben und darauf hingewiesen, dass ihr die Verkehrssicherungspflicht und die Pflicht zur Abwehr der von der herrenlosen Immobilie ausgehenden Gefahren obliegen.
Damit hat die Stadt die gesetzliche Pflicht zur Gefahrenabwehr. Sie hat die dadurch entstehenden Kosten zu tragen, die vom Staat nicht ersetzt werden.
3. Schadensbild und Maßnahmen der Gefahrenabwehr: Straßensperrung und Abbruch
Festgestellt wurden die enormen Rissbildungen im Rahmen der Bauüberwachung des Objektes. Ihre plötzliche Erweiterung ist auf den heftigen Temperaturwechsel von Frostgraden zu Temperaturen über Null Grad zurückzuführen.
Im Verwaltungsvollzug hat die Untere Bauaufsichtsbehörde derzeit rund 50 leerstehende Gebäude in der Bauüberwachung, da von ihnen Gefahren ausgehen können. Unter den Gebäuden befinden sich auch weitere herrenlose Objekte.
Sofort vollzogen wurde die Straßensperrung. Eine Vollsperrung der Brüder- und Pestalozzistraße ist wegen der Gebäudehöhe erforderlich. Der Trümmerschatten, der bei einem einsturzgefährdeten Gebäude entsteht, entspricht der Gebäudehöhe plus 4,00 m. Das Gebäude Pestalozzistraße 59 ist ca. 10 m hoch, die Pestalozzistraße ist etwa 10 m breit, die Brüderstraße ist etwa 12 m breit, also bleibt nur eine Vollsperrung übrig, um Schädigungen von Personen und Sachen zu verhindern.
Die Straßensperrung bleibt bis zur Beseitigung der Gefahrenlage bestehen.
Die Beseitigung der Gefahrenlage ist nur durch den Abbruch des Gebäudes möglich. Vor Beginn der Abbrucharbeiten müssen die Medien (Strom, Gas, Wasser) getrennt werden. Dies erfolgt in dieser Woche, so dass der Abbruch unmittelbar eingeleitet werden kann. Die Kosten werden derzeit ermittelt und noch ergänzend mitgeteilt.