„Dass ein gutes Deutschland blühe…“ Roman Knižka und OPUS 45 berühren Publikum mit ergreifender Reise in die Nachkriegszeit

Die deutsche Nachkriegszeit mit allen ihren schrecklichen und bewegenden Ereignissen, wurde den Gästen am 13. März 2025 eindrücklich ins Bewusstsein gerufen, als Roman Knižka mit dem Bläserensemble OPUS 45 unter Leitung von Benjamin Comparot im Kirchgemeindehaus Meerane das Programm 80 Jahre Kriegsende: „Dass ein gutes Deutschland blühe…“ präsentierte.
Bereits zum dritten Mal gastierte OPUS 45 mit Roman Knižka in Meerane. Der Künstler und die Musikerinnen und Musiker wurden von Juliane Richter, Koordinatorin der Partnerschaft für Demokratie Meerane, und Bürgermeister Jörg Schmeißer sowie den zahlreich erschienenen Gästen herzlich begrüßt.
Eingeladen hatte erneut die Partnerschaft für Demokratie Meerane und Juliane Richter stimmte in ihren einleitenden Worten auf die Reise in die Jahre 1945 bis 1949 ein. Für Deutschland waren dies Jahre des Umbruchs, der Neuorientierung und des Neuanfangs. Mit ihren Angeboten möchte die Partnerschaft für Demokratie Räume öffnen, um sich mit der Geschichte zu beschäftigen, Lehren daraus zu ziehen und sich mit der Demokratie auseinanderzusetzen. „Demokratie entsteht nicht allein, sondern muss immer wieder mit Leben gefüllt werden“, so Juliane Richter.
Bürgermeister Jörg Schmeißer richtete sich seinerseits an die Gäste: „Gemeinsam mit Roman Knižka und OPUS 45 haben wir bereits das Krisenjahr 1923 beleuchtet und 75 Jahre Grundgesetz gefeiert. Heute blicken wir zurück auf die Zeit nach dem 8. Mai 1945 – nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht in Deutschland.“

Fast sechs Jahre Krieg gingen am 8. Mai 1945 zu Ende. Ein Krieg, der 60 Millionen Opfer forderte und die Welt veränderte. Das Programm ließ spüren, was das Kriegsende für die Menschen in Deutschland und auch in Meerane bedeutet hat. Roman Knižka zeichnete ein intensives Bild der Nachkriegszeit – in Episoden mit eindringlichen und persönlichen Berichten von den Schrecken des Krieges, der Ankunft der Sieger, von der Konfrontation der Deutschen mit den Gräueltaten des NS-Regimes, dem Schicksal jüdischer KZ-Überlebender, von den Erlebnissen der Bevölkerung unter den Besatzern, von Vertriebenen und Kriegsheimkehrern, der Wiederbelebung von Kunst und Kultur sowie von der Praxis der Entnazifizierungsverfahren. Doch auch die politischen Veränderungen, die mit der Potsdamer Konferenz, den Nürnberger Prozessen, der Währungsreform oder der Berlin-Blockade einhergingen, wurden thematisiert. Berichte von Soldaten, von Auslandskorrespondenten und Journalisten, persönliche Tagebucheinträge, politische Reden und Werke bekannter Autoren wurden vorgetragen. Untermalt wurden diese von dem Bläserquintett OPUS 45 mit Stücken, die das Publikum auch musikalisch in die wechselhafte und ambivalente Nachkriegszeit mitnahmen. Dramatisch und traurig, aber auch heiter und euphorisch begleitete die Musik mit Stücken unter anderem von Beethoven, Ligeti, Mendelssohn Bartholdy, Schostakowitsch und Strauss ebenso spannungsvoll und abwechslungsreich die Texte, die Roman Knižka mit großem schauspielerischem Talent vortrug.

Mit dem bekannten Kinderlied „Hänschen klein“ begann die musikalische Lesung und als Roman Knižka eine Szene aus dem Antikriegsfilm „Die Brücke“ von Bernhard Wicki vortrug, verdeutlichte er dem Publikum die Fassungslosigkeit, die das Kriegsende in Deutschland mit sich brachte. „Das ist nicht wahr!“, schrie er und zeigte damit das Entsetzen der jungen Männer, die nicht glauben konnten, dass der Krieg verloren war und in blinder Überzeugung weiterhin mit ihrem Leben für eine aussichtslose Sache kämpften.
An vielen Orten gingen Kämpfe auch nach dem 8. Mai weiter. So auch in Meerane, wo erst am 15. April 1945 um 16:00 Uhr der Krieg beendet war. Roman Knižka ging auf unsere Stadt ein und berichtete aus dem Leben des Meeraner Schülers Manfred Eger. Über seine willkürliche Festnahme im August 1945 durch ein Kommando der Roten Armee / NKWD, über das schmerzlich abgerungene Geständnis einer angeblichen Zugehörigkeit zur Organisation „WERWOLF“, die anschließende Zeit in Gefangenschaft mit Hunger, Kälte und Krankheit und von seiner Rückkehr im Jahr 1948 erzählte dieser in einem Bericht, den Roman Knižka rezitierte.
In einer weiteren Episode kam Peter Bender zu Wort: „Als die Deutschen im Sommer 1945 begannen, sich über ihre Lage klarzuwerden, mussten sie eine dreifache Niederlage erkennen.“ Deutschland war nach dem Krieg militärisch, politisch und moralisch vernichtet. Heimkehrer fanden keine Heimat mehr, Städte lagen in Schutt und Asche. Unzählige Menschen waren obdachlos, auf der Flucht oder in Kriegsgefangenschaft. Auch politisch war das Land besiegt, es gab keinen deutschen Staat mehr. Keine Regierung, sondern die Besatzer hatten die Macht. Die moralische Niederlage, so beschreibt es Bender, ging mit der unabweisbaren Schuld am Kriegsbeginn, den schrecklichen Gräueltaten, dem unbegreiflichen millionenfachen Mord an Juden, Sinti, Roma und anderen Gruppen einher.
Auf die Apokalypse folgt der Aufbruch, den die Journalistin Ruth Andreas-Friedrich beschreibt: „Ganz Berlin lebt in einem Rausch der Erwartungen. […] Wenn man uns jetzt versteht und verzeiht, wird man von uns alles erreichen können. Noch nie waren wir so erlösungsreif“, so spiegelt sie in ihrem Tagebuch den Willen der Bevölkerung zur Wiedergutmachung und zur Veränderung wider. Doch gleichzeitig wird in ihrem Tagebuch deutlich, dass die Bevölkerung zwischen Euphorie, Vergnügung und großem Leid lebte. Das Leid, das vielen Frauen in der Zeit nach 1945 unter den sowjetischen Besatzern angetan wurde, beschrieb Ruth Andreas-Friedrich ebenfalls eindrücklich.
Auch in den politischen Neubeginn, den die Potsdamer Konferenz mit ihrem Beginn am 17. Juli 1945 mit sich brachte, gab das Programm Einblicke. Harry S. Truman, Josef Stalin und Winston Churchill berieten über die Nachkriegsordnung und beschlossen die Demokratisierung, Entmilitarisierung, Entnazifizierung und Dezentralisierung Deutschlands sowie die Aufteilung in vier Zonen. Außerdem einigten sie sich auf die Abtretung der deutschen Ostgebiete und fassten den Beschluss der ordnungsgemäßen Überführung der Deutschen aus diesen Gebieten. Die Konferenz hinterließ Deutschland, Europa und die Welt gespalten in die Interessensphären der Sowjetunion und der Westmächte. Diese Episode endete mit den Worten: „In Potsdam begann der kalte Krieg.“
Bezeichnend für die Nachkriegszeit und den Umgang der Welt mit den Gräueltaten der Nationalsozialisten, waren die Nürnberger Prozesse zur Verurteilung von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verbrechen gegen den Frieden. In seiner grundlegenden Rede nannte Robert H. Jackson, Hauptanklagevertreter der USA beim Internationalen Militärgerichtshof zu Nürnberg, diese Prozesse das größte Zugeständnis, das die Macht je der Vernunft eingeräumt hat. Die siegreichen Nationen übten nicht Rache, sondern übergaben die besiegten Feinde freiwillig dem Urteil des Gesetzes.

Schließlich trug Roman Knižka auch das titelgebende Gedicht Bertolt Brechts, die „Kinderhymne“ vor: „Anmut sparet nicht noch Mühe, Leidenschaft nicht noch Verstand, dass ein gutes Deutschland blühe, wie ein andres gutes Land.“ Er beendete die eindrucksvolle Lesung mit der Geschichte „Der Trinkbecher meines Vaters“, in welcher auch die Nachkriegsjahre in der DDR und der Widerstand gegen das SED-Regime thematisiert wurden.
Persönliche Worte an das Meeraner Publikum richtete Benjamin Comparot am Ende des Programmes. Die Menschen zu berühren, ihnen die Bedeutung der Geschichte ins Bewusstsein zu rufen und Denkanstöße zu liefern – das möchten die Künstler mit Musik und Kunst erreichen. Weil sie gerne in Meerane zu Gast sind, so Benjamin Comparot, wollen sie im nächsten Jahr gleich zwei Mal kommen! Begeisterter Applaus zeigte die große Vorfreude der Gäste, Roman Knižka und OPUS 45 mit zwei Programmen, darunter „Jüdisches Leben in Deutschland: ‚Ich hatte einst ein schönes Vaterland…‘“, wiederzusehen.
Großer Dank gilt dem Ensemble OPUS 45 und Roman Knižka sowie allen Unterstützern und Helfern, die zum Erfolg der Veranstaltung beigetragen haben. Das Publikum durfte an diesem Abend eine eindrucksvolle Lesung erleben, mit Momenten und Geschichten, die zum Nachdenken anregen, aber vielleicht auch Hoffnung geben.
Weitere Impressionen der Veranstaltung
Fotos: Andre Fehrling, ef-pixx
