Bitteres zum 1. Advent: Brandstiftung – Bücher wurden ein Opfer der Flammen

Sie wurde am 21. Mai 2015 zum Start des Lesesommers der Öffentlichkeit übergeben: Eine besondere Telefonzelle vor der Stadtbibliothek auf dem Wilhelm-Wunderlich-Platz – Modell Magenta, erworben von der Stadt bei der Telekom – als öffentlicher Bücherschrank.

In der Nacht zum 26. November 2021 wurde der Bücherschrank von unbekannten Tätern angezündet. Alle Bücher verbrannten. Die Telefonzelle ist restlos zerstört.

Um 0:40 Uhr wurde die Freiwillige Feuerwehr alarmiert. Eine Bürgerin meldete den Brand der Bücher. Beim Eintreffen der Feuerwehr brannte die Bücherzelle in voller Ausdehnung. Mit Hilfe eines Löschfahrzeuges wurde das Feuer gelöscht.

Die Stadt geht von Brandstiftung aus. Die Brandursachenermittlung der Polizei ist tätig. Ausgewertet werden aktuell die Aufzeichnungen der Kameraüberwachung des Platzes.



Foto: Der öffentliche Bücherschrank auf dem Wilhelm-Wunderlich-Platz im Mai 2015.

Erst im Juni des laufenden Jahres hat das Team der Stadtbibliothek den Bücherschrank auf Vordermann gebracht. Nach einer umfassenden Reinigung konnte der Bücherschrank wieder eröffnet werden. Erneut wurde er mit Büchern zum Mitnehmen und zum Austauschen bestückt.
Entsprechend dem Prinzip „Nimm ein Buch, lies ein Buch, bring’ ein Buch“ betreut das Team der Stadtbibliothek den Bücherschrank liebevoll und verantwortungsbewusst.

Der Bücherschrank wurde ein kleines Schmuckstück für Bücherfreunde, untergebracht in einer Telefonzelle, dem alten Kommunikations-Klassiker. Die Stadtverwaltung hat viel Energie in das Telefon-Häuschen gesteckt. Eingebaut wurde ein Bücherregal, so dass eine kleine öffentliche Bücherei entstand. Koch- und Reisebücher, Krimis, Liebesromane, Biografien und auch Kinder- und Jugendbücher stehen zur Auswahl. Wer etwas lesen möchte, besucht das gläserne Antiquariat und kann sich rund um die Uhr und ohne Geld ein oder mehrere Werke ausleihen oder auch geschenkt mitnehmen. Und wer gelesene Exemplare spenden möchte, stellt sie einfach ins Bücherregal.

Viele Bürgerinnen und Bürger nutzen – seit heute müssen wir sagen nutzten – das Angebot. Die Brandstifter haben ganze Arbeit geleistet, die Bücher verbrannt und das Telefon-Häuschen komplett zerstört.
Bücher sind ein einzigartiges Kulturgut. Das Beste, Klügste, Humanste, das Kunst und Wissenschaft hervorgebracht hat, ging heute Nacht in unserer Stadt in Flammen auf. Für Bürgermeister Professor Dr. Lothar Ungerer ein bisher „einzigartiger Akt gesellschaftlicher Verrohung, der für uns sehr ernüchternd ist. Er ist Ausdruck einer Unkultur und Unzivilisiertheit, für die es keine Begründung gibt, mit Ausnahme der Dummheit.“

Zu der Unkultur von Bücherverbrennungen hatte Heinrich Heine in seiner 1823 veröffentlichten Tragödie „Almasor“ geschrieben: „Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“ Dieser Satz aus Heines Feder ist das Resümée des zum Christentum konvertierten Dieners Hassan angesichts der Reconquista in Spanien, aber auch eine konkrete Erinnerung an die Vernichtung der Bibliothek der Alhambra von Granada 1499 durch Kardinal Cisneros. Es wäre interessant zu wissen, ob die Bücherverbrenner von heute Nacht überhaupt Heinrich Heine kennen.