Begegnungstreffen Lörrach und Meerane - Städtepartnerschaft seit 1990

Die Städte Lörrach und Meerane verbindet eine lange Geschichte, die nicht erst am 6. September 1990, noch vor der Deutschen Einheit am 3. Oktober, mit der Vereinbarung der Städtepartnerschaft begonnen hat. Was Meerane und Lörrach eint – und auch das, was sie nach 33 Jahren noch immer unterscheidet – stand vom 24. bis 26. November 2023 im Zentrum des Städtepartnerschaftstreffens. Zur Meeraner Delegation gehörten Bürgermeister Jörg Schmeißer, Stadträtin Sabine Martens und die Stadträte Dr. Bernd Heinz Ebert, Jürgen Funk, Udo Friedrich, Thomas Funke. Weiterhin nahmen Mitglieder des Meeraner Jugendforums, des Meeraner Kunstvereins und vom Chor MERACANTE sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung teil.

Meerane hat sich mit Lörrach die Stadt als Partner ausgesucht, die in Deutschland am weitesten entfernt liegt – 650 Kilometer trennen sie. Ein Zufall war das allerdings nicht, denn die Geschichte spannte bereits Fäden im buchstäblichen Sinne. Die Weberei war für beide Städte ein wichtiger Industriezweig. Einige Meeraner Unternehmer kamen nach Lörrach, ließen sich in der Stadt im Süd-Westen Deutschlands nieder und übten dort ihr Handwerk aus. So sind es nicht nur die Städte, sondern auch die Menschen, die miteinander bereits seit Generationen verbunden sind. Auch die 40-jährige Trennung vermochte es nicht, diese Fäden zu kappen. In den 33 Jahren der Partnerschaft erwies sich der reguläre politische, kulturelle und persönliche Austausch zwischen den Städten und ihren Vereinen, Schulen, Einrichtungen und auch ihrer Verwaltungen und ihrer Räte als bedeutsam für das politische Miteinander und die Stärkung der städtepartnerschaftlichen Beziehung. Dass der rege Austausch aktiv betrieben wird, ist dem Engagement der Einwohnerinnen und Einwohner beider Städte zu verdanken. Erst kürzlich hatten die Kunstvereine beider Städte eine weitere gemeinsame Ausstellung. Auch die Jugend ist am regen Austausch beteiligt. Zuletzt waren Schülerinnen und Schüler der Oberschule Tännichtschule und des Internationalen Gymnasiums in der Hellbergschule in Lörrach zu Gast.

Das Städtepartnerschaftstreffen im November reiht sich in diese lange Geschichte des Austausches. Bereits bei der Begrüßung der Meeraner Delegation am Freitagabend durch Oberbürgermeister Jörg Lutz, Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdić, Lörracher Gemeinderäte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Lörracher Verwaltung wurde deutlich, dass es viel zu diskutieren und voneinander zu erfahren gibt, um sich richtig zu verstehen und noch enger zusammenzuwachsen.

Am Samstagmorgen fand der offizielle Empfang der Meeraner Delegation im Sitzungssaal des Lörracher Rathauses statt. Auch Vertreter des Vereins Lörrach International e.V., des Jugendforums Meerane und Vertreter des Lörracher Jugendrates sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung verfolgten die Veranstaltung mit großem Interesse. Dabei stand die Beziehung der Partnerstädte unter der Thematik „Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ im Mittelpunkt. Oberbürgermeister Jörg Lutz sprach in seinem Grußwort darüber, dass Deutschland trotz einiger Konfliktpunkte auf einem guten Weg des Zusammenwachsens ist. Dafür leistet das Partnerschaftstreffen einen wichtigen Beitrag, sagte er und dankte allen, die sich an dem regelmäßigen Austausch beteiligen. Bürgermeister Jörg Schmeißer ging im Hinblick auf die aktuelle krisenreiche Zeit auf die Notwendigkeit ein, jederzeit für den Erhalt der Demokratie einzustehen. Ein Gedanke, der für die Städtepartnerschaft und beide Städte von großer Bedeutung ist. Sowohl Oberbürgermeister Jörg Lutz als auch Bürgermeister Jörg Schmeißer betonten, dass insbesondere die Jugendlichen als Teilnehmende des Treffens und des Austausches von essenzieller Bedeutung für die demokratische Zukunft sind.

Weder die Meeraner Delegation noch die Lörracher Beteiligten waren mit leeren Händen gekommen. Bürgermeister Jörg Schmeißer nahm einen Geschenkkorb mit allerlei elsässischen und regionalen Delikatessen entgegen und überreichte Oberbürgermeister Jörg Lutz die weihnachtlichen Präsente der Stadt Meerane: einen Schwibbogen mit Stadtansichten und Stollen aus der Region. Anschließend trug sich Bürgermeister Jörg Schmeißer in das Gästebuch der Stadt Lörrach ein.
Oberbürgermeister Jörg Lutz berichtete von aktuellen Themen, bereits realisierten Projekten, der perspektivischen Stadtentwicklung sowie dem geplanten Großprojekt der Rathaussanierung. Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdić sprach aus ihrer Sicht als „Stadtmacherin“ über soziale Themen in Lörrach. Im Rahmen des Konzeptes „Mit Menschen für Menschen“ ging es auch darum, wie der Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern noch besser gelingen soll. Bürgermeister Jörg Schmeißer präsentierte den Wandel, den die Stadt Meerane seit der politischen Wende durchlaufen hat und zeigte anhand von alten Stadtansichten, wie sich die von Industriebauten und ihrer Geschichte gezeichnete Stadt zu einem einladenden und lebenswerten Ort gewandelt hat.

Kulturelle Höhepunkte Lörrachs und der Umgebung

Die Meeraner Delegation wurde von der Stadt Lörrach nicht nur zum Austausch über politische Themen eingeladen, sondern auch, um die Stadt, das Land sowie die Kultur vor Ort kennenzulernen. Bei einer Rundfahrt durch die Stadt berichtete Stadtrat Hubert Bernnat aus der Geschichte Lörrachs und erzählte von Markgrafen, der Badischen Revolution, der Ausrufung der ersten Republik am 21. September 1848 durch den Revolutionär Gustav Struve, der industriellen Entwicklung zur Weberstadt und der Zeit nach der politischen Wende.
Auf der Burgruine Rötteln wurde die Meeraner Delegation vom Burgherrn begrüßt und erhielt eine Führung durch die Anlage. Der Verein Röttelnbund e.V. Haagen kümmert sich seit 1926 um die Burgruine und hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese vor dem Zerfall zu bewahren. Bei ihrem Besuch erfuhr die Meeraner Delegation von der freiwilligen Arbeitsgruppe des Vereines, die jeden Samstag aktiv ist und die Burg in gutem Zustand erhält.

Das Dreiländermuseum ist berühmt und bekannt, doch bevor die aktuelle Ausstellung besichtigt wurde, besuchte die Meeraner Delegation das Museumsdepot in Brombach, wo sie von Depotleiter Arne Gentzsch und dem Museumsleiter Jan Merk auf eine Führung durch die Räumlichkeiten eingeladen wurde. Da nur ein kleiner Teil der Sammlung in der Dreiländerausstellung gezeigt werden kann, wird der größte Teil im Depot aufbewahrt und für Sonderausstellungen, zur Forschung und mögliche Leihgaben für andere Museen bereitgestellt. Erst im vergangenen Winter zog das Depot in die neuen Räumlichkeiten um, wo sich die interessierten Meeraner Gäste umschauen durften.

Über das umfangreiche Bildungsangebot der Volkshochschule im Alten Rathaus informierte Tom Leischner, der Leiter der Einrichtung, die Gäste und berichtete von vergangenen und geplanten Sonderveranstaltungen und Lesungen.
Im Dreiländermuseum führte Jan Merk die Meeraner Besucherinnen und Besucher durch die aktuelle Ausstellung „Der Ruf nach Freiheit – Revolution 1848/49 und heute“. Am 21. September 1848 wurde die erste Republik in Lörrach ausgerufen. Dass das Streben nach Freiheit und Demokratie ein verbindender Gedanke zwischen den Geschichten beider Städte ist, war bereits am Morgen dieses erlebnisreichen Tages Thema des Austausches. Im Gedächtnis dieses geschichtsträchtigen Tages begeht Lörrach seit 2015 jährlich am 21. September den Tag der Demokratie.

Podiumsdiskussion „30 Jahre Wiedervereinigung: Wo stehen wir heute?“

Zur Podiumsdiskussion im Hebelsaal des Dreiländermuseums begrüßte Moderator Matthias Zeller zahlreiche Gäste, darunter auch Vertreter des Vereins Lörrach International e.V., des Jugendforums Meerane und Vertreter des Lörracher Jugendrates. In der Diskussionsrunde sprachen Oberbürgermeister Jörg Lutz, der Meeraner Bürgermeister Jörg Schmeißer, die Lörracher Stadträtin und Ortsvorsteherin vom Ortsteil Brombach Silke Herzog und Alexander Schaffrinna über ihre jeweiligen Perspektiven auf den Stand der Wiedervereinigung und die politische Stimmungslage in der Bevölkerung beider Städte. Dabei wurden auch neue Sichtweisen aufgezeigt. Das Publikum hatte ebenfalls Gelegenheit, Fragen an die Diskutanten zu stellen und Impulse für deren Diskussion zu geben.

Seit 1990 ist Deutschland wieder ein Land und Lörrach und Meerane sind Partnerstädte. Seitdem wurden einige „Narben der DDR-Zeit“ geheilt, die getrennten Länder haben in vielen Punkten zueinander gefunden und zwischen den Partnerstädten haben sich starke Bande entwickelt. Dennoch sind 33 Jahre eine kurze Zeit, um wieder zu einer Einheit zusammenzuwachsen. Äußerlich hat sich im Osten Deutschlands viel getan, das hatte Bürgermeister Jörg Schmeißer in seinem Vortrag am Morgen anschaulich dargestellt. Viele Städte auf dem Gebiet der ehemaligen DDR – wie beispielhaft Meerane, wo mit viel Engagement und Geld viel Schönes geschaffen wurde – haben sich wirtschaftlich und auch optisch sehr positiv entwickelt. Dennoch sind das Gefühl und die Lebensrealität vieler Menschen nicht dieser äußeren Erscheinung entsprechend.
Innerhalb der Diskussion wurde angemerkt, dass sich viele Menschen im Osten Deutschlands nicht verstanden fühlen und es scheint, als würde ihre Lebensleistung in der DDR bei Menschen und Politikern im Westen Deutschlands keine Anerkennung finden. Ein weiteres Thema war der Bruch in der Biografie, den alle ehemaligen DDR-Bürgerinnen und DDR-Bürger erlebt haben und der sie nachhaltig beeinflusst. Wie diesen Gedanken und Gefühlen, die auch politische Einstellungen beeinflussen, begegnet werden kann, wurde innerhalb der Diskussion thematisiert.

 

Als Bilanz zogen die Teilnehmenden der Diskussionsrunde, dass die Städtepartnerschaft von Lörrach und Meerane wichtig ist, um aktive Demokratie zu betreiben und zueinander zu finden. Kommunikation, Ehrlichkeit und aufeinander zuzugehen stellen fundamentale Pfeiler der demokratischen Idee dar und werden durch städtepartnerschaftlichen Austausch gepflegt. Dass auch die Jugendlichen beider Städte am Partnerschaftstreffen teilgenommen haben, betrachteten alle Beteiligten als großen Gewinn. Insbesondere für junge Menschen, wie sie mit dem Jugendforum aus Meerane und dem Lörracher Jugendrat zusammengekommen sind, ist dieser Dialog wichtig und zukunftsweisend. Zum offiziellen Empfang und auch zur Podiumsdiskussion verfolgten die jungen Menschen interessiert die Vorträge und den Austausch. Zu verstehen, wie und warum es zur Partnerschaft kam, ist die Grundlage für ihr weiteres erfolgreiches Fortbestehen mit der nächsten Generation. Sie selbst tauschten sich im Rahmen eines digitalen Planspiels aus. Dabei beschäftigten sich die Teilnehmenden mit der Frage: „Verschiedene Generationen haben verschiedene Wünsche für ihre Stadt. Wie kann man sich einigen?“ Das Planspiel „Ok, Boomer“ fand in den Räumen des Jugendzentrums im Alten Wasserwerk des SAK e.V. statt und simulierte eine Diskussion am Runden Tisch in einer fiktiven Kommune. Im Konsensverfahren sollte eine gemeinsame Empfehlung für den Stadtrat entwickelt werden. Nach harten Verhandlungen gelang es zumindest, eine knappe Mehrheit für einen der unterbreiteten Lösungsvorschläge zu gewinnen. Einige Teilnehmende hätten gern weiterdiskutiert. Gemeinsam wurde im Anschluss die Stadt erkundet und das Abendessen vorbereitet.

Als Fazit zogen die jugendlichen und auch die erwachsenen Beteiligten eine positive Bilanz. Zuzuhören, was Meeraner und Lörracher zu sagen haben, bereichert beide Städte. Die Städtepartnerschaft sorgt für wichtige Begegnungen und schafft Raum für innerdeutsche Verständigung – persönlich und politisch. Mit dem intensiven Austausch werden andere Perspektiven für die Politiker, die Vereine, die Verwaltungsangestellten und auch die Jugendlichen eröffnet. Für alle Teilnehmenden wurde deutlich: Diese Städtepartnerschaft mach Sinn!
Zum großen Meeraner Stadtjubiläum im nächsten Jahr hat Bürgermeister Jörg Schmeißer den Lörracher Stadtrat, den Jugendbeirat sowie Vertreterinnen und Vertreter Lörracher Vereine eingeladen. Am 4. Juni 2024, dem Städtepartnerschaftstag, stehen demokratische Zusammenarbeit und die geplante Ausstellung „Toleranzräume“ im Mittelpunkt. Große Freude auf das Wiedersehen und auf das gemeinsame Feiern herrscht bereits in beiden Städten.